Nebensachen: Stolz wie ein Spanier
DAS NEUE SELBSTBEWUSSTSEIN DER JUNGEN GENERATION NEBENSACHEN AUS MADRID
M ADRID taz Sportliche Erfolge sind gut fürs kollektive Selbstbewusstsein. "Spanier zu sein ist keine Ausrede mehr", steht auf den roten Shirts zu lesen, die viele Jugendliche tragen. Erstmals tauchten sie während der Fußball-Europameisterschaft 2008 auf. Jetzt, nach dem WM-Sieg, sind sie wieder da. Einer der großen Sportbekleidungshersteller kam auf die Idee und trifft damit das Empfinden einer ganzen Generation.
Viele derer, die heute studieren oder ins Berufsleben einsteigen, wollen etwas erreichen. Anders als ihre Eltern oder Großeltern sind sie stolz auf die Marke España. Sie sprechen Sprachen, studieren und machen Praktika in Europa. Sie suchen einen Platz für sich und ihr Land. Dabei geht es ihnen darum, was die Europäer dort auf der anderen Seite der Pyrenäen von Spanien halten.
"Spanien ist wirtschaftlich gesehen die Nummer 8 weltweit, und dennoch sind wir nicht unter den ersten zehn, die bei Umfragen den Leuten in den Sinn kommen", erklärt Professor Carles Torecillas von der Wirtschaftshochschule Esade. Die Marke España sei noch immer mit Klischees behaftet, fügt sein Kollege vom Königlichen Institut Elcano, Javier Noya, hinzu. "Wir haben große sportliche Erfolge in Einzeldisziplinen wie im Tennis gefeiert. Jetzt haben wir gezeigt, dass wir auch als Kollektiv etwas erreichen können."
Reiner Wandler ist taz-Korrespondent in Spanien.
Die junge Generation lebt die Sporterfolge als die ihren. Weltoffen wie Rafael Nadal, beliebt wie Fernando Alonso, durchsetzungsfähig wie die Nationalelf - so soll ihr Spanien sein. Vorbei sind die Zeiten, als Spanier von Auslandsreisen vor allem Stereotype mitbrachten: schlechtes Essen in den Niederlanden, chauvinistische Franzosen oder die überordentlichen Quadratschädel aus Deutschland.
Vorbei sind auch die Zeiten, in denen das eigene Bild den Klischees der unter Diktator Franco erfundenen Dreieinigkeit der Tourismuswerbung - Strand, Sonne, Flamenco - folgte. Der Slogan "Spain is different", der auf allen Werbeplakaten prangte, dient heute nur noch dazu, um nach einer nationalen Peinlichkeit Selbstkritik zu üben.
"Sollen die anderen die Erfindungen machen und wir profitieren davon. Ich hoffe, du bist so überzeugt wie ich, dass das elektrische Licht hier so hell leuchtet, wie dort, wo es erfunden wurde", beschrieb einst der spanische Schriftsteller Miguel de Unamuno, wie die Spanier aus den eigenen Unzulänglichkeiten eine Tugend machten. Jetzt exportiert Spanien Spitzentechnologie sogar in die USA. Wenn es nach der jungen Generationen geht, ist dies erst der Anfang.
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