Naziübergriff in Berlin-Friedrichshain: Solidarität nach brutalem Überfall
Mahnwache für Opfer an der Frankfurter Allee. Am Samstag Demo gegen rechte Gewalt.
Mit einem Jochbeinbruch, diversen Hämatomen, Prellungen im Gesicht und einer schweren Gehirnerschütterung endete am Sonntagmorgen die Partynacht für einen 22-jährigen Neuköllner. Auf dem Nachhauseweg am S-Bahnhof Frankfurter Allee in Friedrichshain wurde er von vier polizeibekannten Neonazis bis zur Bewusstlosigkeit brutal zusammengeschlagen. Einer der Täter, legte den Kopf des Studenten auf den Bordstein, um ihm dann gegen den Hinterkopf zu treten. Alex S., ein Freund des Opfers, ist schockiert: "Ich erkenn ihn nicht mehr wieder, sein Gesicht ist völlig entstellt."
Rund 100 Leute versammelten sich Montagnachmittag am Tatort, um auf den Übergriff aufmerksam zu machen. "Wandelt Wut zu Widerstand", heißt es auf Flyern, die für eine Demonstration am Samstag verteilt wurden. Alle hätten die Pflicht, Nazis da zu bekämpfen, wo sie auftauchen, schreiben die AntifaschistInnen. "Nazigewalt ist widerlich. Was bilden die sich ein?" schimpft Alex. Für Sabine Kitter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus ist der Übergriff "von besonderer Qualität". "Die extreme Brutalität finden wir so nicht häufig vor." Für Linksalternative sind Vorfälle dieser Art ein Affont: Ausgerechnet "ihr" Szenebiotop Friedrichshain führt längst die Statistiken über rechte Gewalt an. In der Nähe des Tatorts befindet sich auch die Discothek "Jeton", in der Rechtsradikale verkehren.
Auch Grünenpolitiker erschienen zur Mahnwache. Heidi Kosche mahnte die Bürger, Verantwortung zu übernehmen und Mut zu beweisen. Für Canan Bayram ist das "ein typischer Naziübergriff, bei dem die Rechten wahllos auf erkennbar Linke draufhauen".
Warum der junge Mann ins Visier der vier Brandenburger gekommen ist, bleibt unklar. Auch die Polizei mochte sich nicht weiter äußern, die Ermittlungen dauerten noch an und würden vom Landeskriminalamt übernommen, sagte ein Sprecher. Am Montagnachmittag wurden die Beschuldigtem einem Haftrichter vorgeführt. Bis Redaktionsschluss war nicht klar, ob sie in Untersuchungshaft kommen.
Sicher ist, die jungen Männer hatten schon zuvor Streit mit Linken, der in einer Schlägerei endete. Anlass gab nach Polizeiangaben die "einschlägige Kleidung" der Männer. Sie trugen laut Zeugen die bei Rechtsextremen beliebte Bekleidungsmarke "Thor Steinar".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
CO₂-Fußabdruck von Superreichen
Immer mehr Privatjets unterwegs
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?