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Naziaufmarsch in CottbusFriedliche Blockade

Nur zwei Tage nach der erfolgreichen Blockade von Dresden, stört auch in Cottbus ein Bürgerbündnis erfolgreich einen Naziaufmarsch.

Die Gegenkundgebung in Cottbus am Freitag. Bild: dpa

COTTBUS dpa | Ein Aufmarsch der rechtsextremen NPD und zahlreiche Gegenaktionen am Freitag in Cottbus sind weitgehend friedlich abgelaufen. Diese Bilanz zogen die Polizei und das Aktionsbündnis „Cottbus Nazifrei!“ am Samstag.

Nur ein 29-Jähriger, der an der NPD-Versammlung teilnehmen wollte, sei vorübergehend in Gewahrsam genommen worden, teilte die Polizeidirektion Süd mit. Er habe zwei Schreckschusswaffen bei sich gehabt und am Hals ein tätowiertes Hakenkreuz getragen. Mit insgesamt acht Blockaden hätten NPD-Gegner die Rechtsextremen daran gehindert, frei zu marschieren, berichtete das Aktionsbündnis.

Schätzungsweise 2500 Menschen hatten unter dem Motto „Cottbus bekennt Farbe“ gegen den Aufzug des NPD-Kreisverbandes protestiert, darunter etliche Minister der rot-roten Landesregierung. Kinder, Jugendliche und Erwachsene stellten sich etwa 100 Neonazis in den Weg. Die Polizei war nach eigenen Angaben – unterstützt von den Bundesländern Schleswig-Holstein, Sachsen und Hessen – mit rund 500 Kräften im Einsatz.

Die NPD wollte an den Luftangriff amerikanischer Bomber auf die Stadt vor 68 Jahren erinnern. Ihre Gegner werfen ihr vor, den Tag für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Am 15. Februar 1945 wurden durch die Bombardierung der Lausitzer Eisenbahnknotenpunkt sowie angrenzende Wohngebiete zerstört. 1000 Menschen verloren ihr Leben – zwei Tage nach dem Inferno von Dresden. Zu den Toten gehörten Hunderte Ostflüchtlinge in abgestellten Eisenbahnwaggons.

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7 Kommentare

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  • L
    Lucki

    "Der Weltfriede verlangt ebenso wenig wie der Friede zwischen Nachbarn, dass der Mensch seinen Nachbarn liebt. Er verlangt nur, dass sie zusammen leben und sich gegenseitig tolerieren ..." Kennedy

  • I
    icke

    "1000 Menschen verloren ihr Leben – zwei Tage nach dem Inferno von Dresden" // sprachwahl wie bei altermedia

  • O
    Ole

    Wenn wir uns DAMALS nicht entgegengestellt haben, heute sind wir deshalb dazu verpflichtet.

  • EZ
    Extremismustheorie zieht nicht

    @Heiko: Blockaden sind, formaljuristisch in einer Grauzone, m. E. moralische Akte des passiven Widerstands à la "wehret den Anfängen" (ruhig mal beide Begriffe googlen). Die Blockadeteilnehmer sind zum Großteil, v. a. in DD und MD (so wie ich es kenne), aktive Bürger aus einem bunten Spektrum demokratischer Vereinigungen (Jusos, SDS; Gewerkschaften, Grüne, versch. linke AntiRa-, Antifa u. sonstige empanzipative Gruppen). Antifaschismus heißt nicht automatisch, dass man Anarchist oder Kommunist sein muss. Sogar die Kirchen machen vereinzelt mit. "Linksextremismus" ist sowieso ein Kampfbegriff der bürgerlichen Parteien, um freiheitliche und auf Umverteilung ausgerichtete Denkansätze zu kriminalisieren; daher sind diese Leute auch selten auf den Gegendemos, trotz aller symbolischer Ablehnung der Nazis. Nicht falsch verstehen: auch ich hab keinen Bock auf autonome, vermummte Steinewerfer, die auf Angriffe und Provokation aus sind. Diese bewegen sich nämlich außerhalb des gewaltfreien Aktionskonsenses. Solche Leute brauch ich in keiner Blockade. Schwarz anziehen ist aber durch eben diese vermehrte Kriminalisierung übrigens ein Selbstschutz; es heißt nicht, dass man ein gewaltbereiter Autonomer ist.

    Zum Argument: Die Nazis unkommentiert einfach laufen zu lassen, um ihnen die Aufmerksamkeit zu entziehen, klingt erstmal attraktiv und einleuchtend. Leider funktioniert aber Wegschauen nicht; über anschlussfähige Themen (z. B. so etwas emotionales wie Kindesmissbrauch, Asylbewerber etc.) können die Nazis in der Mitte der Gesellschaft Fuß fassen, denn sie stützen sich auf Einstellungen, die es auch in der guten "Mitte" gibt: Rassismus, Sexismus, Ungleichwertigkeitsideologien, Menschenfeindlichkeit, unreflektierter "Patriotismus". Und schon braucht man nicht mehr "Rechtsextremismus" dazu zu sagen - Nazis sind Nazis, Nationalisten und Rassisten sind...genau das! Neonazi-affiner Lifestyle auf der Straße, im Jugendklub, im Stadion gehört bekämpft - und zwar durch Bildung & Aufklärung. Gegendemos und Blockaden sind der öffentlich sichtbare Teil dieses Anliegens, um aufzudecken, dass die braune Brut nie wieder einen Fuß in die Tür kriegen darf, auch nicht für Selbstinszenierungen durch Aufmärsche, Kundgebungen, Konzerte o. ä. ¡No pasarán! Antifaschismus ist m. E. eine moralische Notwendigkeit, für alle, die konsequent aus der Geschichte Deutschlands und Europas gelernt haben und entsprechend handeln. Daher: ganz schlechte Argumente gegen den zivilen Protest...

  • P
    Peter

    an Heiko:

    Lies noch mal was du geschrieben hast, dann denk nochmal über die "Dummkeit" nach und dann schalt dich einfach selbst ab.

  • H
    Heiko

    Diese Blockaden sind moralisch und rechlich falsch.

    Die NDP ist zugelassen und somit muss man sie auch marschieren lassen. Durch solche Aktionen gibt man den Neonazis erst Recht Aufmerksamkeit, die sie ohne diese Aktionen niemals hätten.

    Um in die Medien zu kommen meldet die NDP Demos an, wohl wissend das dann dumme Linksextremisten gegen sie demonstrieren werden und die Sache - und damit auch die NPD - so in die Medien kommt.

    Die NPD würde dumm gucken wenn kein Schwein zu ihrer Demo kommt. Dann würden sie ihre Strecke ablaufen und nach einer Stunde wäre die Sache wirkungslos verpufft.

    Aber die dummen Linkextremisten durchschauen das einfach nicht - wie Fuchs und Hase müssen die ihren NDP-Hass ausleben und erreichen so immer wieder Aufmerksamkeit für die NPD. Die NPDler wird das freuen, dank der Dummkeit der Blockierer.

  • A
    aujau

    Mit langem Atem kann man ja doch etwas erreichen. Um so kennzeichnender fuer den Staat, dass er Aussteigerprojekte nicht weiter finanziert.