Nato-Einsatz in Afghanistan: Kirgisien droht den USA
Kirgisien will die US-Militärbasis in ihrem Land schließen. Der Truppennachschub nach Afghanistan wird dadurch erschwert. Die russische Regierung ist der lachende Dritte.
BERLIN taz Die US-Militärbasis Manas in Kirgisien soll geschlossen werden. Einen entsprechenden Entwurf brachte die Regierung gestern im kirgisischen Parlament ein. Von der nahe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek gelegenen Basis aus haben die USA seit 2001 den Afghanistaneinsatz koordiniert. Falls der Beschluss ratifiziert wird, müssten die rund 1.000 US-Soldaten die Basis in 80 Tagen verlassen.
US-Kommandeur David Petraeus hatte kürzlich bei einem Besuch in Zentralasien erklärt, Manas sei ein Schlüssel für die geplante Truppenverstärkung auf 30.000 US-Soldaten in Afghanistan. Die US-Botschaft in Bischkek reagierte zunächst abwartend. "Zu diesem Punkt haben wir keine formale Benachrichtigung erhalten", hieß es gestern auf der Webseite der Botschaft.
Die Schließung der Basis hatte Präsident Kurmanbek Bakijew am Dienstag während eines Russlandbesuchs angekündigt. Als Gründe nannte er die stabilere Lage in Afghanistan sowie die Ablehnung der US-Soldaten durch die kirgisische Bevölkerung. Zudem verweigere Washington die von Kirgisien geforderte finanzielle Entschädigung für die Nutzung des Stützpunkts. Zuvor hatte der russische Präsident Dmitri Medwedjew dem Präsidenten des zentralasiatischen Staates Kredite und Investitionen in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar sowie eine Finanzhilfe von 150 Millionen Dollar zugesagt - trotz der Wirtschaftskrise in Russland. Der russischen Führung ist die US-Militärpräsenz in Zentralasien schon lange ein Dorn im Auge.
Nach dem 11. September 2001 verfügte die USA in Zentralasien über zwei Stützpunkte. Die Militärbasis in Usbekistan musste sie aber nach Auseinandersetzungen wegen des Massakers von Andischan räumen. Der usbekische Präsident Islam Karimow hatte am 13. Mai 2005 einen Volksaufstand in der usbekischen Provinzstadt blutig niedergeschlagen. Nun scheint Karimow den USA angeboten zu haben, in Usbekistan erneut eine Basis zu errichten.
Möglich ist allerdings, dass Bakijew nur pokert: Kirgisiens Wirtschaft liegt am Boden. Bei einer Wirtschaftsleistung von nur 1.500 US-Dollar pro Einwohner hat das Land knapp 3 Milliarden US-Dollar Schulden. 2005 hat Bakijew ein Memorandum der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit unterschrieben, das die USA aufforderte, die Truppen aus Zentralasien abzuziehen. Nach US -Zusagen relativierte der Kirgise diese Aufforderung. 2006 kündigte Bakijew an, die Basis Manas zu schließen. Daraufhin erhöhten die USA die Zuwendungen auf 150 Millionen US-Dollar - die Basis blieb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!