Nationalisten in der Ukraine: „Helden sterben nie!“
Am Mittwoch wurde zum ersten Mal der „Tag des Vaterlandsverteidigers“ begangen. Für die Rechten ein gefundenes Fressen.
Und so trafen sich am Mittwoch Nachmittag mehrere Tausend ukrainische Nationalisten auf dem Sophienplatz vor dem Michaelskloster im Herzen von Kiew und gedachten der Toten des „ukrainisch-russischen Krieges“.
Immer wieder wurden die Redner von Sprechchören wie „Ruhm der Ukraine“, „Die Ukraine über alles!“, „Tod den Feinden!“, „Helden sterben nie“ unterbrochen. Gleichzeitig vergnügten sich Väter mit ihren Kinder auf Panzern, Abschussrampen und anderen militärischem Kriegsgerät. Bereits am Vormittag hatte Präsident Poroschenko die Waffenausstellung auf dem Sophienplatz eröffnet.
Nach der Auftaktkundgebung marschierten die Nationalisten zum Untersuchungsgefängnis Lukjanowsk, um rechtsradikalen „politischen Gefangenen“ ihre Solidarität zu demonstrieren. Dort sitzen die langjährigen Mitglieder der rechtsradikalen „Swoboda“-Partei, Jurij Sirotjuk und Andrej Medwedko. Sie werden des Mordes an dem als pro-russisch geltenden Journalisten Oles Busina verdächtigt. Busina war im vergangenen April vor seinem Haus in Kiew erschossen worden.
Widerstand und Ablehnung
Doch bei vielen Menschen in der Ukraine stößt die Kundgebung von Rechtem Sektor und der rechtsradikalen Partei „Swoboda“ auch auf Widerstand und Ablehnung. „Dass der Rechte Sektor mitten in Kiew ein paar Tausend Leute aufmarschieren lassen kann, ist schon tragisch genug. Schlimmer noch aber ist, dass der Rechte Sektor in vielen Bereichen des Öffentlichen Lebens bereits die Macht in die Hand genommen hat und das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellt“, resümiert der Journalist Mischa kurz vor Beginn der Auftaktveranstaltung in einem Bus. Sollten Kräfte, die dem Rechten Sektor nahe stehen, an die Regierung kommen, werde er ausreisen. Glücklicherweise habe er auch noch eine andere Staatsbürgerschaft.
Doch auch nach der Veranstaltung regt sich Ablehnung und Widerspruch. „Wieso müssen die denn die Kinder auf dem Kriegsgerät spielen lassen?“ fragt sich ein Anwohner. „Es ist natürlich traurig, dass wir einen Krieg im Osten des Landes haben. Aber Kinder mit diesem Mordswerkzeug Krieg spielen zu lassen, das hat doch nicht mehr mit Vaterlandsliebe zu tun. Das finde ich absolut unakzeptabel.“
Der rechtsradikalen Partei „Swoboda“, die neben dem „Rechten Sektor“ der wichtigste Veranstalter des Heldenmarsches war, dürfte nun auch von der Staatsanwaltschaft weiteres Ungemach drohen. So hatte sie Anfang der Woche bei drei führenden Mitgliedern der Partei eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Der Grund waren Schüsse auf Demonstranten während der Demonstrationen auf dem Maidan Anfang 2014. Diese seien auch vom 11. Stock des Hotels „Ukraine“ gekommen. Und genau auf dieser Etage sollen zum Zeitpunkt der Tat führende Mitglieder der „Swoboda“ gelebt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten