Nationale Fußverkehrsstrategie: Auf den Fußweg gebracht
Die Bundesregierung hat erstmals eine Strategie für den Fußverkehr erarbeitet. Ein großer Schritt, sagen Verbände. Doch an konkreten Maßnahmen fehlt es.
„Es ist hocherfreulich, dass es diese Strategie gibt“, sagte Roland Stimpel, Vorsitzender des Fachverbands Fußverkehr FUSS der taz. Die Ampelregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag schon im Jahr 2021 vorgenommen, Fußgänger:innen zu unterstützen. „Endlich wurde das in Bewegung gesetzt“, kommentierte Stimpel.
Aktuell befindet sich der 18 Seiten starke Entwurf in der sogenannten Ressortabstimmung: Fachverbände und die anderen Ministerien können Anmerkungen machen, bevor sich das Kabinett mit der Strategie befasst.
„Kein Verkehrsmittel benötigt so wenig Platz und Energie wie der Fußverkehr und ist zudem praktisch emissionsfrei“, heißt es in dem Entwurf. Allerdings seien viele Gehwege zu schmal oder zugestellt. Die Infrastruktur müsse verbessert, Bürgersteige breiter und freier werden. Sonst sei Zufußgehen nicht nur „gefährlich und unattraktiv“, sondern „die Wahl dieser Verkehrsteilnahmeart“ werde „systematisch verhindert“, wie in der Strategie steht. Das Verkehrsministerium will demzufolge den Fußverkehr sicherer machen, damit ihn vor allem Kinder und ältere Menschen „ohne externe Unterstützung bewältigen können“.
Zufußgehen wurde gefährlicher
Zuletzt stieg im Straßenverkehr die Gefahr für Menschen, die zu Fuß unterwegs waren. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im letzten Jahr 437 Fußgänger:innen getötet – über zwölf Prozent mehr als 2022. Das soll nun nicht nur die neue Strategie, sondern auch die frisch novellierte Straßenverkehrsordnung (StVO) besser machen. Vergangenen Freitag segneten die Länder nach langem Ringen mit dem Bund die StVO-Reform ab.
Städte und Gemeinden könnten jetzt mehr Platz zum Gehen, Rad- und Busfahren schaffen, sagte Stimpel von FUSS. Auch Zebrastreifen oder Fußgängerampeln können einfacher eingerichtet werden. Die sogenannte Vision Zero, also das Ziel, auf null Verkehrstote zu kommen, steht bisher allerdings weder explizit in der Verordnung noch in der Fußverkehrsstrategie.
Entwurf Fußverkehrsstrategie
Generell fehlten in dem aktuellen Entwurf für die Strategie konkrete Größen, sagte Anika Meenken, Rad- und Fußverkehrssprecherin beim ökologischen Verkehrsclub VCD, der taz. Bis 2030 sollen, so steht es in dem Papier, deutlich mehr als die derzeitigen 22 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt werden. Meenken schlägt vor, 25 Prozent anzupeilen. „Man kann nur Ziele erreichen, wenn man sich Ziele setzt“, betonte die Expertin.
Außerdem nenne das Bundesverkehrsministerium bisher keine genauen Geldbeträge, die in Fußverkehrsprojekte fließen könnten. Das Haus unter Minister Volker Wissing (FDP) empfiehlt den Ländern, Förderprogramme aufzusetzen – zum Beispiel für Projekte, die Kindern einen sicheren Weg zur Schule ermöglichen. „Der VCD fordert einen Bundesfördertopf“, sagte Meenken. Der Bund dürfe bei der Finanzierung des Fußverkehrs nicht alle Verantwortung auf die Landesregierungen abwälzen.
40 Millionen Euro für Fußverkehr in Österrreich
Österreich sei ein gutes Beispiel, ergänzte Stimpel. Dort habe die Bundesregierung Fußverkehrsprojekte zuletzt mit 40 Millionen Euro im Jahr finanziert. Im deutschen Bundeshaushalt entfielen auf den gleichen Bereich 2 Millionen.
Trotzdem freut sich Meenken genau wie Verbandschef Stimpel, dass es nach drei Jahren nun überhaupt einen Strategieentwurf gibt. „Bisher wurde Fußverkehr an den Straßenrand gedrängt und nur als Störfaktor für den Autoverkehr wahrgenommen“, sagte die VCD-Sprecherin.
Die Verbände haben noch bis zur kommenden Woche Zeit, ihre Kritikpunkte einzubringen. Laut einer Sprecherin des Verkehrsministeriums soll die nationale Fußverkehrsstrategie voraussichtlich im letzten Quartal dieses Jahres, zwischen Oktober und Dezember, veröffentlicht werden.
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