Nahverkehrsunternehmen: Antreiber der Verkehrswende
Hamburgs Hochbahn ersetzt 60 Diesel- durch E-Busse, bis 2030 soll die ganze Flotte folgen. Bremen und Lübeck sind interessiert.
Die Hochbahn hat jetzt die Ausschreibung für die ersten 60 Busse gestartet. Um den Auftrag bewerben könne sich jeder Hersteller weltweit, der die Bedingungen erfüllt. „Etwa drei bis fünf Hersteller“, erwartet Falk, dürften bis November akzeptable Angebote abgeben. Dann sucht sich die Hochbahn das beste aus. „Die Zeit des Testens ist vorbei“, sagt Falk, „der Umstieg auf den emissionsfreien Nahverkehr beginnt.“
Gemeinsame Beschaffung mit Berlin
Vorbereitet wurde dies ein Jahr lang durch eine gemeinsame Beschaffungsinitiative für emissionsfreie Busse von Berlin und Hamburg. Die beiden größten deutschen Städte betreiben auch die größten Busflotten Deutschlands mit knapp 3.000 Fahrzeugen. Damit zählen sie zu den größten Abnehmern von Linienbussen in der EU – mit der entsprechenden Marktmacht. „Wir wollten einen Markt schaffen, der die Angebote bietet, die wir wollen – jetzt haben wir ihn“, resümiert Falk zufrieden.
Bei diesem Bündnis half sicher, dass der seit Anfang 2016 amtierende Hochbahn-Chef zuvor Finanzvorstand bei den Berliner Verkehrsbetrieben war. Und gegenüber den Herstellerfirmen half auch, dass inzwischen mit München, Köln, Stuttgart und Düsseldorf vier weitere der größten deutschen Städte sich angeschlossen haben. Weitere Interessenten aus dem Norden sind bis jetzt Bremen und Lübeck, aber die gesamte Branche – nicht nur in Deutschland – beobachte das interessiert, sagt Falk: „Das ist letztlich ein weltweiter Markt.“
Letztlich ist es der Initiative von Hamburg und Berlin gelungen, in mehreren Diskussionsrunden mit Herstellerfirmen die Bedingungen zu diktieren. So wird in den Ausschreibungsunterlagen die Erfüllung mehrerer Kriterien verlangt. Die Busse der ersten Tranche 2019 müssen eine Reichweite von mindestens 150 Kilometern haben, in der zweiten Tranche ab 2020 müssen die Busse mindestens 200 Kilometer weit fahren können bis zur nächsten Ladung. Geladen werden soll in vier bis fünf Stunden über Nacht auf den Betriebshöfen. Schnellladungen in wenigen Minuten sollen an großen Busbahnhöfen wie Altona oder Wandsbek Markt möglich sein.
Kompatibel muss es sein
Vorgeschrieben von den Nahverkehrsunternehmen werden auch Stecker, Anschlüsse und die Lage der Steckdose an den Fahrzeugen. Alle Busse aller Hersteller müssen mit den Anschlüssen auf den Betriebshöfen – ob in Hamburg, Berlin oder anderen Städten – kompatibel sein, „sonst liefern wir uns auf Jahre einem Unternehmen aus“, sagt Falk. Und natürlich muss der Anschaffungspreis „wirtschaftlich“ sein, wenngleich die Hochbahn davon ausgeht, dass die ersten Busse etwas teurer sein dürften als Dieselfahrzeuge. Aber auf mittlere Sicht werde der Preis wegen der höheren Stückzahlen sinken.
Für die Bushersteller gehe es darum, „am Markt der Zukunft teilzuhaben“, stellt Falk klar. Unternehmen, die jetzt nicht die Wünsche der Verkehrsbetriebe erfüllen, könnten den Anschluss verlieren, sagt Falk: „Wir warten nicht auf Elektro-Autos und hängen uns dann an den Trend. Wir sind die Treiber der Verkehrswende.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott