Nahverkehr: BVG gibt Signal zum Sparen

Kleine Schilder im Tunnel sollen den Energieverbrauch der U-Bahn senken: Sie zeigen den Fahrern, wann sie den Strom abschalten sollen. Den erzeugen viele Züge übrigens selbst - beim Bremsen

Ein U-Bahn-Zug mit sechs Waggons hat umgerechnet 3.250 PS. Wenn ein solcher Kraftprotz beschleunigt, verschlingt er 2.400 Kilowattstunden - in einer Stunde ist das so viel, wie eine Durchschnittsfamilie im ganzen Jahr verbraucht. Eine ökologische Fahrweise kann hier viel Geld und CO2 sparen.

Die BVG will deshalb ihre U-Bahn-FahrerInnen mit neuen Sonderzeichen zum energieeffizienten Beschleunigen anhalten. "Bis Ende des Jahres bringen wir in allen U-Bahn-Tunneln Schilder an, die unseren Fahrern den idealen Zeitpunkt anzeigen, den Strom abzuschalten", sagte U-Bahn-Betriebsleiter Kurt Beier gestern der taz. Ein Probelauf seit Mitte vergangenen Jahres auf den Linien U6 und U8 habe gezeigt, dass sich so "auf geeigneten Linien der Verbrauch um zehn Prozent senken" ließe.

Die BVG zahlt mit 50 Millionen Euro Jahr für Jahr eine der happigsten Stromrechnungen der Stadt. Vom Jahresverbrauch von 460 Millionen kWh entfallen weit mehr als die Hälfte auf die U-Bahn - die Ökoschilder lohnen sich also, gerade in Zeiten stark steigender Energiepreise. Sie machen sich ein Charakteristikum der U-Bahn zunutze: Zwischen zwei Stationen beschleunigen die Fahrer kurz, meist nur zwanzig Sekunden, unterbrechen dann die Stromzufuhr und lassen den Zug rollen, bevor sie für den nächsten Halt bremsen. Manche beschleunigen zu lang - und fahren so unwirtschaftlich.

Der U-Bahn-Fahrplan ist so ausgelegt, dass er das ökologische Fahren überall ermöglicht. "Die blauen Ausschalttafeln werden den idealen Ort markieren, vom Gas zu gehen", erklärt Beier. Mit der anschließenden Roll- und Bremsphase komme die U-Bahn dann genau pünktlich im nächsten Bahnhof an. "Geübte Fahrer schalten sowieso richtig ab. Aber die Signale machen allen die Wichtigkeit effizienten Fahrens immer wieder bewusst", so der Betriebsleiter. "Wenn man bei jeder Station zwei bis drei Sekunden Strom spart, rechnet sich das." Auf geraden Linien wie der U5, die zwischen Alexanderplatz und Hönow verkehrt, verspricht er sich einen merklichen Effekt, während die Idee auf Strecken mit vielen Kurven, wo die Bahnen langsam fahren, kaum ins Gewicht fällt.

Auch in anderer Hinsicht wird die Berliner U-Bahn immer ökologischer. Ihre modernen Züge gewinnen - wie Autos mit Hybridantrieb - beim Bremsen Energie zurück und geben sie über die Stromschiene ab. "Ihr Motor wird dann als Generator genutzt - wie ein Dynamo am Fahrrad", so Beier. Ein Drittel der Flotte ist schon mit den nötigen Drehstrommotoren ausgerüstet, die BVG ersetzt die störanfälligen Züge mit den alten Gleichstrommotoren seit den 80er-Jahren. Wenn im normalen Verkehr gleichzeitig 150 Züge im Untergrund unterwegs sind, findet also ein munterer Energietausch statt - sogar entgegenkommende Züge können vom Bremsmanöver einer Bahn profitieren.

Auch wenn sich die BVG bemüht, Energie zu sparen - die Herkunft des Stroms ist ihr herzlich egal. Der Konzern kaufe bei der Strombörse und beziehe Strom von neun Anbietern, sagt Sprecherin Petra Reetz. Unter diesen sind natürlich die großen Multis, die auch Atomstrom im Angebot haben: RWE, Eon, EnBW und Vattenfall Europe. "Wir kaufen den Strom stündlich. Dabei geht es um reine Kostenentscheidungen, nur der Preis zählt." Ähnlich kaufen auch andere öffentliche Unternehmen des Landes. U-Bahn-Fahren bleibt also ein ambivalentes Unterfangen: Man fährt ökologisch korrekt - irgendwie aber auch nicht.

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