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Nahost-FriedensprozessUSA sind nur noch Zuschauer

Nachdem die USA mit der Neuordnung des Nahen Ostens gescheitert sind, werden Staaten der Region selbst vermittelnd tätig. Von Washington erwarten sie nichts mehr.

In Beitrut wird die Wahl des neuen Präsidenten gefeiert - ganz ohne Zutun der US-Amerikaner. Bild: dpa

KAIRO taz "Ohne die USA geht gar nichts." Mit diesem Glaubenssatz amerikanischer Allmacht wird seit Jahrzehnten die Realität der nahöstlichen Politik und Diplomatie beschrieben. Doch das Koordinatensystem in der Region hat sich verschoben.

Als sich vor zehn Tagen die rivalisierenden politischen Lager im Libanon nach einer 18-monatigen Krise endlich auf einen neuen Präsidenten einigten, waren bei der Vereidigung Michel Suleimans alle gekommen: Die Außenminister aus dem Iran, Syrien und Saudi-Arabien waren ebenso angereist wie der Emir von Katar, der den libanesischen Deal vermittelt hat. Der Iran und Syrien hatten das von der Hisbollah angeführte Oppositionsbündnis zuvor unterstützt, Saudi-Arabien stand hinter der prowestlichen libanesischen Regierung. Sie alle hatten zuvor im Libanon von außen mitgezündelt. Nun waren sie gekommen, um den Löscharbeiten ihren Segen zu geben. Vielleicht ein erster Hinweis, dass gerade im turbulenten Beirut für die gesamte Region ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.

Nur eine Partei war bei diesem Aufbruch in neue Zeiten abwesend. Die Bush-Regierung hatte keinen Repräsentanten zu den Feiern nach Beirut geschickt. Und dass, obwohl US-Außenministerin Condoleezza Rice vor zwei Jahren den Libanonkrieg als "die Geburtswehen des Neuen Nahen Ostens" gefeiert hatte. Die jetzige US-Abwesenheit war wenig verwunderlich: Das neue libanesische Abkommen ist so etwas wie die offizielle Anerkennung, dass die Politik Washingtons, die Hisbollah zu isolieren, genauso gescheitert ist, wie die Idee der US-Regierung, ohne die Hamas eine Lösung im Nahostkonflikt zu finden, oder die amerikanische Vorstellung, die Region ohne Mitwirkung von Iran und Syrien neu zu ordnen.

So hatte sich der vermeintliche ehrliche amerikanische Makler aufs diplomatische Abstellgleis manövriert. Stattdessen versuchen Staaten der Region jetzt selbst, politische Prozesse anzuschieben, unter dem expliziten Ausschluss der Bush-Regierung. Katar vermittelt erfolgreich unter den Libanesen. Ägypten versucht einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas auszuhandeln. Und die Türkei ist Gastgeberin indirekter Gespräche zwischen Syrien und Israel, in denen beide Seiten versuchen, die tückischen Details eines Land-für-Frieden-Geschäftes auszuarbeiten: Israel gibt die besetzten syrischen Golanhöhen zurück und erhält dafür einen Friedensvertrag mit Damaskus.

Der Libanon-Deal steht immer noch auf tönernen Füßen und könnte jederzeit an der immer noch polarisierten Situation scheitern. Auch das Golan-Geschäft und der Hamas-Waffenstillstand sind noch nicht unter Dach und Fach. Über den beiden letzten beiden Abkommen schwebt ohnehin die Frage, wie lange die israelische Regierung noch im Amt ist.

Aber wenn nur ein Teil dieser Projekte erfolgreich abgeschlossen wird, dann würde erstmals die Dynamik der ständigen Eskalation gebrochen. Und nicht obwohl, sondern weil die in der Region vollkommen diskreditierte US-Regierung aus all dem ausgeschlossen ist.

Bei den Anhörungen des Senats in Washington für den designierten US-Botschafter in Israel, James B. Cunningham, am 1. Mai, hatte dieser erklärt, dass die USA derzeit die Position einnehmen, dass Gespräche mit Syrien nicht nützlich seien. Israel wollte trotzdem mit den Syrern sprechen. Also hat die Türkei die Rolle des Vermittlers übernommen.

In den vergangenen 18 Monaten hatten die USA den bisherigen libanesischen Premier immer wieder eingeredet, dass ein neues Arrangement mit der Hisbollah schlecht sei, obwohl sich die Machtverhältnisse de facto im Sinne der schiitischen Organisation verschoben hatten. Also hat sich der kleine Golfstaat Katar als ehrlicher Makler angeboten, während der ehemalige amerikanische Spieler die Rolle des Zaungastes einnahm.

Untätigkeit führt automatisch zur weiteren Eskalation, lautet die Lektion, die die regionalen Vermittler auf den Plan gebracht hat. Sie wollen nicht mehr länger zusehen, wie sich die einzelnen Feuer zu einem nahöstlichen Flächenbrand vereinen. Und sie haben es aufgegeben, darauf zu warten, dass in Washington irgendwann einmal eine Riege einziehen könnte, die eine realistischere Nahostpolitik macht.

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3 Kommentare

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  • D
    Dimitrij

    Danke für den guten und sehr klaren Kommentar, Anne!

    Ich wundere mich auch darüber, wie im linken Spektrum, zu dem ich mich auch zurechne, die Erfolge der radikalislamischen Terrororganisationen und Staaten über die demokratischen und zumindest offiziell an den Menschenrechten orientierten USA gefeiert werden, ohne dass die Schattenseiten dieser Organisationen und Staaten überhaupt berücksichtigt werden. Als wüsste man nicht, mit wem man es zu tun hat. Oder man will es einfach nicht wissen.

     

    An die Korrektoren: Was ist denn das bitte für eine Begründung, die Rechtschreibung und Autorenfreiheit zu missachten? "Dadurch sind nicht mehr alle gleich", machen Sie sich über jemanden lustig oder wollen Sie sich zu Gleichheitstotalitaristen aufspielen? Und selbst wenn Sie alles gleicherweise geschrieben haben wollen, dann schreiben Sie Abkürzungen doch bitte groß, da sind Sie zumindest auf der sicheren Seite, was die Rechtschreibung angeht.

    Außerdem heißt es "darstellen" und nicht "dastellen", wenn Sie schon so kleinlich sein wollen. ;)

  • A
    Anne

    Hallo taz KorrektorInnen: Ich habe USA bewusst mit 3 Großbuchstaben geschrieben, weil ich diese Buchstaben einzeln spreche und nicht etwa wie bei Uno zusammen, weshalb sie also auch nach neuer Rechtschreibung meines Wissens, ähnlich wie bei SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) oder HRW (Human Rights Watch) u.s.w. alle 3 groß zu schreiben sind, oder? Also macht Euch - hier wie auch bei anderen Kommentaren - keine unnötige Arbeit mit Korrekturen, die keine sind!

     

    Anmerk. der Redaktion: Eine Großschreibung stellt eine optische Hervorhebung einzelner Organisationen/Vereinigungen/usw. da. Dadurch sind nicht mehr alle gleich!

  • A
    Anne

    Was für ein schönes Foto - echt! Aber so funktioniert Propaganda, auch im schönen Libanon.

     

    Im Ernst, müsste ich ein Los ziehen, das mir eine ganz zufällige Rolle einer Frau zuteilen würde, eins für die Usa eins für Iran, eins für Saudi-Arabien, eins für eine Familie von Hamas- oder Hisbollah-mitgliedern, ich würde das Los für die Usa ziehen (und z.B. die Lage der ärmsten 10% dort ist mir durchaus bekannt, auch kritische Berichte bei www.hrw.org oder www.amnesty.org u.s.w.).

     

    Was will ich damit sagen? Nicht, dass ich die Usa rundum toll finde, sondern weil sie, sogar mit Bush etc, in Fragen der Menschenrechte zu den genannten Alternativen das kleinere Übel sind, und das nicht nur innenpolitisch, sogar Guantanamo und geheime Gefängnisse jenseits der Staatsgrenzen etc. mitberücksichtigt (was wirklich große Übel sind, die ich da in die Waagschale mit rein nehme). Die anderen sehen - zumindest durch manche europäischen Ferngläser - nur so harmlos aus, weil sie relativ zu den USA etwas weniger Macht haben - v.a. durch die Ferngläser gut gemeinter (und eigtl. auch angebrachter) "westlicher" Selbstkritik, dazu unbewussten Wunschprojektionen, exotischer Orientverklärung, z.B. im Zuge wohlmeindender Toleranz, die aber in Bescheidenheit an falscher Stelle die Fehler der "westlichen" Arroganz mit umgekehrten Vorzeichen bloß wiederholt und auf diese Weise ungefähr das wird, was z.B. bei H. Marcuse einmal "repressiv" geheißen hat.