Nährstoffbericht Niedersachsen: Zu viel Mist auf den Feldern
Niedersachsens Bauern düngen weniger, aber immer noch zu viel, sagt der neue Güllebericht. Badeseen und Grundwasser bleiben belastet.
Niedersachsen ist ein rotes Bundesland. Nein, nicht wegen der SPD oder wegen des roten Wappens mit weißem Pferd darin. Die Landkarte, die Niedersachsens Wasserqualität bewertet, zeigt eine Fläche mit mehrheitlich roten Flecken. Die geben an, in welchen Gewässern im Land der Phosphatgehalt überschritten ist.
Zu viel Phosphat in Seen, Teichen und Tümpeln lässt unter anderem das Wasser trüb werden und Algen blühen. Die wiederum können Allergien auslösen, in manchen Seen kann im Sommer nicht gebadet werden.
Das ist ein Problem, und das weiß auch CDU-Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. „Wir haben es mit einer jahrzehntealten Last zu tun, die zunehmend zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem wird“, sagte Otte-Kienast, als sie am Mittwoch in Hannover den sogenannten Nährstoffbericht vorstellte.
Der Bericht dokumentiert, wie viel Gülle, Dung und Kunstdünger die Bauern zwischen Juli 2017 und Juli 2018 auf ihre Felder geschüttet haben. Die „Überdüngung“ soll dafür sorgen, dass zu viel Nitrat, Stickstoff und Phosphat in Seen, Flüsse und Wassergräben gelangen und auch im Grundwasser zu finden sind.
50.000 Tonnen zu viel Stickstoff
Dem Nährstoffbericht zufolge, den die Landwirtschaftskammer herausgibt und der gern Güllebericht genannt wird, sind rund 23.700 Tonnen Phosphat zu viel auf niedersächsischen Feldern gelandet. Beim „Ausbringen“ von Stickstoff verhält es sich ähnlich: Angefallen sind etwa 50.000 Tonnen mehr, als die Pflanzen zur Düngung gebraucht hätten. Gleichzeitig ist der Überschuss an Stickstoff im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18.000 Tonnen und der von Phosphat um 6.300 Tonnen gesunken.
Niedersachsen ist das größte und wichtigste Agrarland in Deutschland. Um das Grundwasser besser zu schützen, gilt dort seit Juli 2017 eine strengere Düngeverordnung: weniger Gülle, seltener düngen. Bei Verstoß drohen Strafen. Sorgt das neue Düngegesetz dafür, dass Bauern jetzt weniger Gülle auf die Felder bringen? Nein, sagt Tilman Uhlenhaut vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): „Die Reduktion des Mineraldüngers ist auf die Trockenheit im vergangenen Jahr zurückzuführen, nicht auf Maßnahmen der Landesregierung.“
Auch die Grünen können in dem Bericht keinen Erfolg erkennen. „Der aktuelle Nährstoffbericht offenbart auch weiterhin einen dramatischen Gülle-Überschuss in Niedersachsen, der Grundwasser, Bäche und Seen belastet“, sagt Vizefraktionschefin Miriam Staudte. Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast habe ihre „vollmundigen Ankündigungen“ aus dem Vorjahr, wegen der mangelnden Fläche Tierbestände reduzieren zu wollen, „keine Taten folgen lassen“.
Otte-Kinast, selbst Landwirtin, sagte am Mittwoch zwar, dass sauberes Grundwasser für sie „an erster Stelle“ stehe, sie sagte aber auch: „Das neue Düngegesetz muss für die Bauern machbar sein.“ Könnte übersetzt werden mit: Gülle, Bauern und ihre Erträge haben Vorrang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands