Nachwuchswerbung in Schulen: Die Bahn kommt, die Senatorin auch
Bei einem Werbetermin der Deutschen Bahn in einer Schule ist auch die Bildungssenatorin dabei. Mehr als die Schüler:innen sind die Medien interessiert.
Personalchef und Vorstandsmitglied Martin Seiler wirbt persönlich um den dringend benötigten Nachwuchs. Sein Versprechen: attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen, Mietenzuschuss während der Ausbildung, Übernahmegarantie, vor allem aber ein eigener Willkommens-Bahnrucksack. Auf die Hand gibt es für die Schüler:innen direkt eine Powerbank und eine Rechenaufgabe aus der Praxis. Zumindest über das „Schmiermittel“ Powerbank wird sich gefreut. Man setze auf Qualität in der Nachwuchsrekrutierung, sagt Seiler. Außerdem wolle man die Bedürfnisse der anderen Seite verstehen.
Doch zu einem wirklichen Austausch kommt es an jenem Mittwochnachmittag kaum. Zu viel Trubel herrscht in dem kleinen Saal. Immerhin einen ihrer frisch gebackenen Azubis hat die Bahn im Schlepptau, der an die Schüler:innen vor allem appelliert, ihren eigenen Wünschen zu folgen und sich auszuprobieren.
Von Seiten der Schüler:innen kommt nur eine Nachfrage: wie viel man denn verdienen könnte, und genauer, wie viel Herr Seiler denn persönlich verdiene. Letzteres wird belächelnd abgewinkt. Zum andauernden Streik der Gewerkschaft der Lokführer sagt er ebenfalls nichts. Dabei geht es bei der Auseinandersetzung um Arbeitszeitverkürzung um ein Thema, das für die zukünftige Generation von besonderem Interesse ist. Stattdessen beteiligen sich Seiler und Günther-Wünsch an der Rechenaufgabe der Schüler:innen.
Die Anwesenheit der Bildungssenatorin scheint der eigentliche Grund für das außerordentliche Medienaufgebot zu sein, bei einem Termin, der normalerweise eher wenig Aufsehen erregt hätte. Doch ihr Privatleben scheint so manchen Journalisten nicht loszulassen. Man hätte sogar mit noch mehr Kolleg:innen gerechnet, sagt ein Reporter.
Und die Schüler:innen? Schließlich ist diese Veranstaltung für sie gedacht und konzipiert worden. Die Schule hatte sogar extra nur jene Schüler:innen der 8. bis 10. Klassen eingeladen, die auch ernstes Interesse gehabt hätten, sagt der Schuldirektor auf Nachfrage der taz. Diese sind zumindest einigermaßen zufrieden, festlegen wollen sie sich aber nicht.
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