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Nachwirkungen Gaza-Krieg"Wir können nicht zurück"

Im Krankenhaus in Tel Aviv liegen israelische Soldaten neben Palästinensern aus dem Gazastreifen, die von Hamas-Kämpfern verletzt wurden. Nach der Reha geht es weiter nach Ramallah.

Auch israelische Soldaten wurden im Gaza-Krieg verletzt, viele liegen im Krankenhaus. Bild: dpa

TEL AVIV taz Auf der Terrasse der Rehaabteilung im Tel Aviver Tel-Haschomer-Krankenhaus sind Leute, die noch beide Arme und beide Beine haben, in der Minderheit. In dicke Verbände verpackt sind die zum Teil frischen Stümpfe. Wer kann, bewegt sich mit Krücken vorwärts, die meisten sitzen in Rollstühlen. Dabei sind erschreckend viele junge Menschen unter den Patienten. Samir A., Palästinenser aus dem Gazastreifen, ist gerade 23 Jahre alt. Vor zweieinhalb Jahren kam er in die Rehaklinik, nachdem ihm Hamas-Kämpfer beide Beine zerschossen hatten.

Über 70 Kugeln hätten die Ärzte gezählt, als sie sich für die Amputation entschieden. Samirs Freund Hani G. (beide Vornamen geändert) konnten sie wenigstens ein Bein retten. "Es ist zwar steif", sagt der 26-Jährige, "aber doch noch zu gebrauchen." Die beiden Palästinenser, die anonym bleiben wollen, gehörten der Nationalen Polizeitruppe an, als die Hamas-Kämpfer im Juni 2007 an ihre Türen klopften. "Sie haben uns gefoltert, so lange, bis wir alles zugegeben haben, was sie von uns wollten", sagt Samir. Trotz der kühlen Brise, die durch das Fenster hereinweht, wischt er sich immer wieder den Schweiß von der Stirn.

"Coach of the year" steht auf seinem gelben Nike-Sweatshirt. Dem drahtigen Oberkörper nach zu urteilen, war Ahmad früher ein guter Sportler. Er klopft nervös mit einer Zigarettenschachtel auf die Lehne seines Rollstuhls, ungeduldig, das Gespräch zu Ende zu bringen. Drei Frauen hatten ihn bewusstlos unter Bäumen einer Orangenplantage gefunden und in ein Krankenhaus in Gaza gebracht, das ihn kurz darauf nach Tel Aviv überwies. Samir und Hani sind die letzten von fast 30 Fatah-Leuten, die in der Rehaklinik auf Prothesen das Laufen lernen, um anschließend nach Ramallah zu gehen.

"Solange die Hamas im Gazastreifen herrscht, können wir dorthin nicht zurück." Samir findet es "gut, dass Israel die Hamas bekämpft". Noch besser wäre jedoch, wenn die Fatah diese Aufgabe übernähme. Dass Israel die Hamas besiegen kann, glauben die Polizisten nicht. "Die Hamas-Leute verstecken sich in Wohnhäusern", sagt Hani. "Sie sind nicht zu kriegen, ohne dass Unschuldige getötet werden."

Der Kampf der Hamas gegen die Fatah dauerte auch im Schatten des jüngsten Krieges an. "Die Gefängniswärter sind, als die Luftangriffe anfingen, einfach abgehauen und haben unsere Leute allein in den verschlossenen Zellen zurückgelassen", berichtet Samir. Einige hundert Fatah-Leute hätten noch hinter Gittern gesessen, als der Krieg begann. Wer sich irgendwie selbst befreien konnte, "wurde erschossen, sobald ihn Hamas-Leute gesehen haben". Die Islamisten seien "grausam und verrückt".

Ein paar Zimmer weiter liegen zwei israelische Soldaten. Bei einem steckt der Stumpf des linken Armes in einem Verband. Eine Kassam-Rakete, die neben seinem Zelt im Gazastreifen einschlug, riss ihm die Hand ab. Beide dürfen wegen der strikten Zensur nicht über ihre Kriegserlebnisse reden. Samir hat "nichts dagegen", mit den Soldaten in Kontakt zu treten, sobald es ihnen etwas besser geht.

Manchmal treffen sich die Fatah-Polizisten mit Palästinensern aus Gaza, die ihre krebskranken Kinder zur stationären Behandlung in Tel Haschomer begleiten. Fast die Hälfte der minderjährigen Patienten ist aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland. Die neunjährige Walaa ist von einer kurzen Unterbrechung abgesehen seit fünf Monaten in Behandlung. Sie stammt aus dem Flüchtlingslager von Dschabalia, wo während des Krieges die schlimmsten Kämpfe stattfanden.

Das Mädchen lebt in zwei völlig unterschiedlichen Welten: Hier die Ärzte, die ihr vermutlich das Leben retteten, dort die Armee, die ihre Mutter und Geschwister terrorisierten. Was zu Hause passiert ist, kann sie sich nur undeutlich vorstellen. Wochenlang hat sie ihr Vater nicht mit den Geschwistern telefonieren lassen, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Jetzt, wo sie wieder nach Hause kann, lässt er die Brüder vom Krieg berichten. Walla schmiegt sich an ihren Vater. Ihre Lippe ist entzündet, das Immunsystem von der langen Chemotherapie geschwächt. "Wenn die Armee nur die Hamas bekämpft hätte, wäre das für uns in Ordnung", sagt der Vater. "Aber wenn unschuldige Zivilisten sterben müssen, dann bricht es uns das Herz."

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4 Kommentare

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  • VP
    Verena Plüss

    So ganz langsam habe ich es satt, immer wieder Artikel zu lesen, die die gemeinen Taten der Hamas oder der extremen Islamisten darlegen. Warum? Niemand setzt dem ein Ende, im Gegenteil, wenn Israel dagegen antritt, Nota Bene für uns alle, schreit Dreiviertel der Welt lauthals auf. Tausende gehen auf die Straße um gegen Israel zu demonstieren. Und ohne wenn und aber wird weiterhin Geld in den Gazastreifen gepumpt Schizophrenie in Reinkultur.

  • A
    aso

    @: t.s.:

     

    "Trash-Journalismus im Dienste des 'Weißen Mannes'."

     

    Diese Kritik ist wenig sachlich fundiert und daher irrelevant. Und was das mit der Hautfarbe zu tun haben soll erschließt sich so glasklar, daß es nicht ernst zu nehmen ist.

     

    Bei der Jagd auf Fatah-Männer hat die Hamas natürlich vorher ganz bestimmt gefragt, ob jmd. ein Kollaborateur sei. Und selbst wenn es einer wäre, ihm 70 Kugeln ins Bein zu schießen sagt einiges aus über des Geisteszustand dieser Hamas-TerroristInnen. Und da hat er ja noch Glück gehabt. Andere wurden von diesen Mördern umgebracht.

  • T
    t.s.

    Man kann Frau Knaul auch beim besten Willen nicht vorwerfen, dass sie kein Herz für Araber habe!

     

    Liest man ihre Prosa über das Leiden israelischer Kollaborateure, so treten einem unvermeidlich die Tränen in die Augen.

     

    Und dazu auch noch die herzergreifende Geschichte von einem palästinensischen Kind, das von israelischen (!) Ärzten ebenso gerettet wird wie die Mörder ihrer Verwandten in Dschabalia!

     

    Trash-Journalismus im Dienste des 'Weißen Mannes'. Ich gratuliere.

  • DF
    Dirk "festus" Festerling

    TAZ und Bildauswahl, ein leidiges Thema:

     

    Der verletzte Uniformträger ist kein Soldat, sondern Polizist. Angesichts seiner Ausrüstung macht das für das polizeiliche Gegenüber wie für das grundsätzliche Nachdenken über staatliche Gewaltausübung keinen echten Unterschied, aber bei einem so gut dokumentierten Konflikt sollte es doch möglich sein, ein zur Bildunterschrift passendes Motiv (Tip: Israelische Soldaten tragen im wesentlichen olivgrün) zu finden.