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Nachwahl auf RügenLinkspartei wirbt für die Grünen

Die Ostseeinsel entscheidet in einer Nachwahl, ob die NPD im Schweriner Landtag ihr fünftes Mandat behält. Deswegen sagt die Linkspartei: Wählt die Grünen.

Wenn die Grünen mehr Stimmen bekommen, verliert die NPD ein Mandat im Schweriner Landtag. Bild: dpa

SCHWERIN taz | Gezieltes Fremdwählen wird der Trend zum Sonntag. Auf Rügen hoffen die Grünen, bei der Nachwahl zum Landtag von Mecklenburg-Vorpommern so viele Zweitstimmen zu erhalten, dass die NPD ein Landtagsmandat wieder verliert. "Rein rechnerisch müssen wir über 1.500 Stimmen mehr als die NPD bekommen", sagte Weike Bandlow, Landessprecherin der Grünen, zur taz. Die Linkspartei ruft schon auf, den Grünen die Zweitstimme zu geben, am Mittwoch schlossen sich dem die Freien Wähler an.

Bündnis 90/Die Grünen haben auf Deutschlands größter Insel ihren Wahlkampf bereits deutlich intensiviert. "Unser Ziel ist, der NPD ihr fünftes Mandat streitig zu machen", sagt Jutta Gerkan. Sie kommt für die Grünen ins Schweriner Schloss, wenn die Zahl der Zweitstimmen reicht - der NPD-Landesvize David Petereit müsste dann gehen. Rund 750.000 Euro Steuergelder hätte die NPD dann in dieser Legislaturperiode weniger.

Pausenlos versuchen die Grünen, im Wahlkreis 33 mit den Wählern ins Gespräch zu kommen, denn das Wahlrecht ist eine komplexe Materie. "Wir müssen erklären, warum die Zweitstimme nun so wichtig ist", sagt Bandlow. Die 71 Landtagssitze in Schwerin werden über ein Quotenverfahren vergeben. Die NPD liegt seit der Wahl am 4. September bei 6 Prozent, die Grünen liegen bei 8,4. Wer hinter dem Komma den höheren Wert erreicht, bekommt das Mandat.

SPD und CDU spielen nicht mit

Unter dem Slogan "Klug wählen, NPD schwächen" wirbt die Linke jetzt für die Grünen. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel aufgefordert, eine grüne Wahlempfehlung auszusprechen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) lehnt das jedoch ab. "Es ist im Kampf gegen die Nazis nichts gewonnen, wenn die SPD ein Mandat an die Grünen abgibt. SPD und Grüne brauchen beide ein gutes Ergebnis", sagt Sellering und fordert beide Stimmen für die SPD.

Auch die CDU macht nicht mit. CDU-Landespressesprecher Christian Anders empfiehlt jedoch verblüffenderweise, mit der Erststimme eine demokratische Partei, nicht aber die CDU zu wählen. Die CDU hat ihren nachnominierten Direktkandidaten Thomas Gens hinausgeworfen. Er hatte verschwiegen, DVU-Funktionär gewesen zu sein.

Allzu schnell musste sich die CDU offenbar einen neuen Kandidaten suchen, nachdem der ursprüngliche Direktkandidat Udo Timm im August überraschend verstorben war. Dies ist der Grund, warum die rund 27.000 Wahlberechtigten auf Rügen erst jetzt wählen können.

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17 Kommentare

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  • AK
    Andreas Kurz

    Hut ab vor der Linken! Nazis bekämpfen geht der Linken vor Parteiegoismus. Da kann sich die SPD eine Scheibe von abschneiden, der offensichtlich nicht bewußt zu sein scheint, dass sie mit einer anderen antifaschistischen Einstellung verhindern könnte, dass David Petereit, ein Nachwuchskader der Klasse 1 der NPD, der intellektuell einiges drauf hat, aus dem Landtag gekickt werden könnte. Also nochmal: Danke Linke! Und hoffentlich klappts.

  • SR
    SDAJ Rostock

    Die SDAJ Rostock ruft auch zur Wahl auf, jedoch nicht nur Zweitstimme Grün, sondern auch Erststimme FDP! Alle Chancen nutzen um die NPD zu schwächen!

     

    http://sdajrostock.blogsport.eu/archives/688

  • S
    Spin

    @blueeyedevil: "Tja wenn das Demokratie ist...dann bin ich stolz darauf kein Demokrat zu sein."

     

    Tja, wenn deine Sturmtabteilungen in Berlin zum Beispiel immmer zu dritt kandidieren und sich gar die Aussicht auf Wahlkampfkostenerstattung stretig machen, dann wird's wohl nix mit eurer nächsten Poleninvasion.

     

    Übrigens: Was undemokratisch an einem inhaltlich begründeten Verzicht aufs Stimmensammeln für sich selbst sein soll, bleibt wohl für immer euer Geheimnis. Aber mit Demokratie, ihr sagt es ja selber alle, habt ihr's eh nicht so.

     

    Schönen Ärger noch!

  • H
    hans

    Die Holter Truppe wird ja von einem Stalinisten geführt.

    Da sind dann auch solche Mittel recht.

    Holter ist doch ein Verfechter des Ehrenkodex im Landtag Schwerin.

    "Nie mit einem NPD Mann im Fahrstuhl fahren."

    Kasperle Theater "Holter-Combo"

  • G
    gast

    Liebe Rüganer!

    Rügen lässt sich nicht betrügen. Rügen lässt sich nicht betrügen von den selbsternannten

    "Volksparteien", die man eigentlich nur als Volksverräter bezeichnen kann. Keine der etablierten Parteien vertrat bisher glaubhaft die Bedürfnisse und Interessen der Arbeitnehmer.

    Die Wahl am 4. September hat gezeigt, dass die NPD

    nicht alleine mit ihrer Meinung dasteht.

     

    Die NPD kann jeden Prozentpunkt gut gebrauchen.

    Hoffentlich gehen auch die Protestwähler am 18. September in die Wahllokale.

    Die Interessen des Volkes dürfen nicht unbeachtet bleiben!

  • BL
    BRAVO Linkspartei!!

    Endlich ist die Linkspartei mal aus ihrem früheren, fast schon päpstlichen Dogmatismus entwachsen und fähig, nicht nur wie ein kleines Kind nur fundamentalistische Politik und Dogmatismus zu betreiben, sondern pragmatische Realpolitik und achtet darauf, was dem NUTZEN DES LANDES UND DER BÜRGER dient, nicht nur stur was dem Parteiprogramm dient.

     

    Danke Linkspartei!

     

    P.S: Aber ein paar ewig gestrige Fundamentalisten sind hier schon wieder im Forum unterwegs.

  • F
    Fettbemme

    Gut so,

     

    Können sich die anderen beiden so genannten großen Volksparteien im Osten mal ein Beispiel nehmen daran.

    Verstehe nicht wiese die SPD und CDU bei dieser Aktion nicht mitmachen.

    Es geht hier doch schließlich nicht um irgendwelche Eitelkeiten sondern darum das die NPD geschwächt wird.

     

    Die Linke scheint es wohl im Gegensatz zu CDU und SPD verstanden zu haben und ist sich nicht zu schade.

  • B
    blueeyedevil

    Tja wenn das Demokratie ist...dann bin ich stolz darauf kein Demokrat zu sein.

  • T
    Thanthalas

    Auf Rügen bekommt unsere Demokratie einen weiteren Dolchstoss in den Rücken. Erschreckend wie "demokratisch" unsere "etablierten" Parteien doch sind...

  • M
    Mensch

    Für mich beweisst die Linke damit lediglich das sie eine der wenigen Parteien ist für die es wichtiger ist keine Faschisten an die Macht zu lassen als die eigene Machtgier zu erfüllen!!!

     

    Jede andere Partei verweigert sich und beweisst damit das sie nicht einmal zur Verhinderung der Sitzvergabe an die Faschisten zusammenarbeiten können... wie bitte sollen sie es dann in anderen Fragen tun?

     

    lächerlich auch was die rechten provokateure hier schreiben.... ne Herr W.W.

  • T
    tageslicht

    Eine löbliche Entscheidung der Linken, hier Pöstchen links liegen zu lassen, und stattdessen die Nazis zu schwächen. Statt einem "Danke" seitens der Grünen kommt nur dummes Gelaber Richtung CDU und SPD. Aber wen wundert das schon.

  • S
    spin

    mal wieder ne menge nationalneurotiker hier im netz. schade, macht ne bedrückende stimmung.

     

    ich finde super, dass die linke so vernünftig agiert.

     

    20 jahre nach dem pogrom von hoyerswerda, in relativer nähe zu rostock-lichtenhagen (dessen pogrom 1992 die nazis heute noch gerne als "grillfest" bezeichnen), sollte eigentlich klar sein, dass nazis so weit wie möglich aus parlamenten rausgedrängt werden müssen.

     

    ich finde es auch ein ermutigendes zeichen für den zusammenhalt der eher linken parteien im parlament. anders sind das rasende ressentiment, die rassistische und nationalistische hetze ("poleninvasion stoppen!") auf dauer ohnehin nicht zu minimieren.

  • S
    seyinphyin

    Die Linke gehört nun wirklich nicht zu dieser Einheitspartei.

     

    Die folgt als einzige nicht diesem kranken System und wo die anderen sich immer wieder gern verbünden, um gemeinsam auf diesen Störenfried einzutreten, der es wagt, die Wahrheit kundzugeben, sieht man auch im Bundestag immer wieder genau das, was auch hier stattfand.

     

    Die Linke ist dort nämlich niemals aus Prinzip gegen irgend eine Partei, sondern nur aus inhaltlichen Gründen. Wenn in ihren Augen eine andere Partei die richtige Politik verfolgt, freut die sich darüber und redet es nicht schlecht, bettelt geradezu um Zusammenarbeit, wenn es darum geht, eine wichtige Änderung hervorzurufen, was in eine Fünf-Parteien-Demokratie nunmal essenziell ist.

     

    Die Linke hat schon oft bewiesen, dass es ihr weit mehr um die Bürger geht, als um die eigene Macht - und eigentlich sollte das selbstverständlich sein, für alle Parteien.

  • M
    Markus

    Ganz normaler Vorgang in einer Demokratie das eine Partei eine Wahlempfehlung ausspricht. Ich als Wähler bin deswegen weder gezwungen überhaupt zur Wahl zu gehen, noch bin ich verpflichtet eine bestimmte Partei zu wählen. Das ändert sich erst falls die NPD das sagen hat. War von 33 - 45 bei der Schwesterpartei auch nicht anders.

  • S
    Steve

    Klingt nach Betrug, auch wenns gut gemeint ist. Ich würde dann grundsätzlich weder die grünen noch die Linken wählen.

  • B
    Branko

    In diesem Zusammenhang kann man am besten nur die beiden selbst zitieren:

    " ..., welch' Geistes Kind sie sind."

  • WW
    Wolfgang Weinmann

    was für ein Possenspiel dieser arroganten Politiker. Sie reden von Demokratie und meinen die SPD-Grüne-CDU-FDP-Linke-Einhaitspatei-Schei..

     

    Die tun so, als ob sie das Alleinanspruchsrecht gewählt zu werden haben.