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■ NachschlagDer 8. März politisch: Eren Keskin zur Lage der Frauen in der Türkei

„Frauen in der Welt haben es schwer, Frauen in der Türkei haben es schwerer, doch Frauen im Krieg haben es noch schwerer“, sagt die Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin Eren Keskin. Sie wagt es, über ihr Land zu reden, wofür sie bereits im Gefängnis saß, wo sie – je nach Ausgang eines anhängigen Revisionsverfahrens – wieder hinkommen könnte. Verurteilt wird man in der Türkei nach dem Anti-terrorgesetz für die Erwähnung von Tatsachen: daß es ein kurdisches Volk gibt oder daß gegen dieses Krieg geführt wird. Meinungsfreiheit als verbotene Frucht.

Zum 8. März, dem internationalen Frauentag, hat amnesty international Eren Keskin ins Haus der Kulturen der Welt eingeladen. Während sie elegant, streng, jede Sekunde auf Contenance bedacht, auftritt und die Symbolik des Tages genutzt wird, nicht nur Öffentlichkeit für eine Sache, sondern auch für sie – die Gefährdete, die sich in Gefahr begibt – herzustellen, demonstrierten in Kreuzberg Hunderte von Kurdinnen in ihrer Landestracht für ein Ende des Bürgerkrieges. Kulturelle Metaphern werden zu politischer Symbolik und umgekehrt. Der Tag, die Gelegenheit, die Form.

Die 38jährige Eren Keskin wählte die konkrete Aussage. Sie spricht von der Lösung der Kurdenfrage, vom Einfluß des Militärs, das mit oder ohne die Islamisten die türkische Politik bestimmt, aber vor allem berichtet sie über die Menschenrechtsverletzungen an Frauen in der Türkei. Überall dort, wo Krieg geführt wird, ist der staatlich organisierte gewaltsame Zugriff auf Frauen ein besonders wirksames Druckmittel zur Vernichtung des Gegners. Oder analog der umgekehrten Beweisführung: Wo Frauen systematisch von denen, die die Hegemonie beanspruchen, vergewaltigt und sexuell mißhandelt werden, herrscht Krieg. Die Rechtsanwältin hat zusammen mit anderen nun in der Türkei ein Projekt initiiert, das Vergewaltigung, Folter, sexuelle Mißhandlung in türkischen Gefängnissen und im kurdischen Gebiet dokumentiert. Die betroffenen Frauen werden juristisch betreut, die Täter angeklagt und Verfahren bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen sie angestrengt. Ob sie selbst Angst habe angesichts ihrer drohenden Gefängnisstrafe? „Wie soll ich keine Angst haben?“

Öffentlichkeit herstellen im Rahmen spezifisch weiblicher Lebenswelten, das ist die derzeit in der Türkei am wirksamsten scheinende Protestform. Die Frauen und Mütter, die seit fast zwei Jahren jeden Samstag demonstrieren und Aufklärung über das Schicksal ihrer verschwundenen Angehörigen fordern, machen es vor. Diese Woche trifft Eren Keskin den deutschen Außenminister Kinkel. Ob er seinen Einfluß allerdings gegen Waffenlieferungen und für die Menschenrechte geltend machen wird, sei dahingestellt. Waltraud Schwab

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