Nachruf auf Prince: Die Farbe Lila
Prince war ein genialer US-Multiinstrumentalist, ein wieselflinker Funkateer, ein transgressiver Popstar. Unfassbar, dass er nun tot ist.
„Stell Dir vor, Prince ist gestorben“, schreibt ein Freund per SMS. Das Suchfeld bei Twitter zeigt es an: Oh Gott, oh nein – #Prince steht tatsächlich ganz oben.
Wenn ein Künstlername in den Online-Netzwerken obenan steht, dann bedeutet das selten etwas Gutes. Und am Donnerstagabend wurde tatsächlich zur Gewissheit, dass der US-Popstar Prince mit nur 57 Jahren gestorben ist und wenn man den ersten Nachrichten trauen darf, ist er an den Folgen einer Grippe gestorben. Verschleppt, wie man salopp sagt. Von anderer Seite hört man bereits Gerüchte, er sei an einer Überdosis Drogen gestorben. Auch die genauen Umstände seines Todes werden Prince nicht wieder zurück auf die Erde holen.
Nun – man ist ja vorsichtig mit Superlativen, aber von 1980, als sein Album „Dirty Mind“ erschien, bis 1992, dem Jahr als er „Love Symbol“ veröffentlichte, war der virtuose Multiinstrumentalist Prince einer der weltgrößten Popstars. Wie es dem bekennenden Zeugen Jehovas und Fan der Farbe Lila gelang, Soul und Funk in den New-Wave-Pop zu überführen und damit die klassischen Schubladen von Pop, Rock und „Black Music“ künstlerisch vollständig aufzulösen: Pure Genius!
Aber nicht nur kompositorisch mit seinen Smashhits von „Purple Rain“ über „Kiss“ bis hin zu „Sign of the times“ wusste Prince Fans und Kritiker gleichermaßen zu überzeugen: Seine Musik war mainstreamtauglich, klang aber immer irgendwie überirdisch. Raffinierter als der Rest: Feiner und leichter, aber auch verspielter und psychedelischer. Und immer auch sehr transparent. Der Prince-Sound zog einen sofort in den Bann. Komplexeste Breaks und Harmoniewechsel, aufbereitet für die Massen!
Solist mit exzellenten BegleitmusikerInnen
Und Prince war dabei auch als Textdichter immer kompromisslos versaut und doppeldeutig: Transgressiver konnte Pop einfach nicht sein. So fand man Prince-Fans zu seiner Hochzeit in den Achtzigern eigentlich in allen Lagern: vom New Wave-Schnösel bis zum Gothic-Girl.
Während andere Popstars immer die Hilfe von großen Produzenten benötigten, um amtlichen Sound mit Hilfe neuester Studio-Technologie und Know-How zu produzieren, saß Prince selbst hauptverantwortlich an den Reglern in seinen Paisley-Park-Studios in Minneapolis und spielte oftmals auch die Instrumente im Alleingang ein. Er wusste aber auch exzellente BegleitmusikerInnen um sich wie Sheila E., Doctor Fink oder Wendy & Lisa. Mit ihnen wagte er sich auch auf der Bühne in inszenatorische Gefilde vor, die man so tatsächlich noch nicht gehört und gesehen hatte.
Prince überwand nicht nur spielerisch die Mauern zwischen den Hautfarben, sondern genauso die Geschlechtergrenzen – dies handelte ihm auch schon mal Unverständnis ein. Etwa als er 1981 im Vorprogramm der Rolling Stones-USA-Tour auftrat und der gemeine Stones-Fan so gar keinen Gefallen an seinen Strapsen finden konnte.
„Sometimes It Snows In April“
Anfang der Neunziger, nach einer äußerst erfolgreichen Dekade fühlte sich Prince von seiner Plattenfirma Warner missverstanden und um Einkünfte betrogen und malte sich „Slave“ auf die Wange. Aus der Marke Prince wurde kurzzeitig das schwer vermarktbare „Love Symbol“. Die zukunftsfähigen Ideen kamen zu jener Zeit aus dem HipHop.
Prince kokettierte mit dem jungen Genre im Verlauf der Neunziger immer wieder, konnte aber leider nie so richtig mit eigenem Material überzeugen.
Purple Rain
Auch zum Internet und zur fortschreitenden Digitalisierung des Pop hatte Prince ein äußerst gespaltenes Verhältnis. Mal ließ er wutentbrannt alle Songs aus dem Netz entfernen, bloß um kurze Zeit später zu verkünden, dass er seine neue Band komplett im Internet gecastet hat.
„Sometimes It Snows In April“, heißt eine seiner schönsten, herzzerreißenden Balladen auf dem Album „Parade“. Darin singt er im Refrain mit schluchzender Stimme, wie wirklich nur er, Prince Rogers Nelson, schluchzen konnte: „Sometimes I wish, life was never ending/And all good things they say, never last“. Prince ist nun tatsächlich im Monat April von uns gegangen. Im Finale des Songs singt er: „And love/ It isn’t love until it’s past“. Prince ist tot. Und das ist wirklich verdammt traurig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos