Das bayerische Gespenst

Herbert Achternbusch ist tot. An seiner bayerischen Heimat hat sich der Filmemacher und Autor zeitlebens abgearbeitet

Obrigkeits­hörigkeit mochte er nicht: Herbert Achternbusch (1938–2022) Foto: Wolfgang Langen­strassen/dpa

Einer seiner lustigsten Filme heißt „Die Atlantikschwimmer“ und zeigt zwei Männer, nur mit Badehose und lächerlichen Schwimmbrillen bekleidet, wie sie in den oberbayerischen Walchensee hüpfen, um von dort aus Amerika zu erreichen. „In Bayern mag ich nicht mal gestorben sein“, schrieb Herbert Achternbusch 1977 in einem seiner Bücher. Mit dem Freistaat verband den Filmemacher, Schriftsteller, Maler und Schauspieler zeitlebens eine Hassliebe. Und doch gibt es gerade auch viele Bayern, die froh sind, dass, wenn man an Bayern denkt, eben auch an Achternbusch denkt. Und jetzt ist er halt doch im Alter von 83 Jahren in Bayern gestorben.

Achternbusch kam als unehelicher Sohn einer Sportlehrerin und eines Zahntechnikers in München zur Welt und wuchs im Bayerischen Wald auf. Schon mit seinem ersten Roman „Alexanderschlacht“ sicherte er sich einen festen Platz in der Literatur-Avantgarde der siebziger und achtziger Jahre. Mit seinen in rascher Folge entstandenen Theaterstücken errang er zweimal den Mülheimer Dramatikerpreis. Doch bekannt ist er vor allem für seine Filme wie „Andechser Gefühl“, „Servus Bayern“ oder „Das Gespenst“. Seine oft mit geringem Aufwand gedrehten Filme nahmen regelmäßig die so unangepasst-subversive wie obrigkeitshörige und bigotte bayerische Volksseele aufs Korn. In „Der Depp“ (1983) ließ er seinen Lieblingsfeind Franz Josef Strauß vergiften, im halbdokumentarischen „Bierkampf“ rechnet er mit einem bayerischen Heiligtum ab: dem Oktoberfest.

Als er in „Das Gespenst“ Jesus Christus vom Kreuz herabsteigen lässt, um mit Maria eine Kneipe zu eröffnen, war für den damaligen CSU-Innenminister Friedrich Zimmermann das Maß voll. Er verweigerte dem unbotmäßigen Regisseur die Auszahlung der letzten Förderrate, weil dieser das „religiöse Empfinden großer Teile der Bevölkerung“ verletzt habe.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte Achternbusch jetzt nach seinem Tod als bayerischen „Heimatkünstler im allerbesten Sinne“. Bleiben würden „auch seine Sponti-Sprüche, von denen manche fest in den deutschen Sprachschatz übergangen sind: „Du hast keine Chance, aber nutze sie.“ (taz, dpa)