Nachruf auf Gitarrist Robbie Robertson: Elektrifizierte Geschichte
Mit The Band und an der Seite von Bob Dylan erweckte er den Geist der seltsamen USA neu. Nun ist der kanadische Gitarrist Robbie Robertson tot.
Als Sohn einer Native American 1943 im kanadischen Toronto geboren, entdeckte Jaime Royal „Robbie“ Robertson seine Liebe zur Gitarre bei Besuchen im Six-Nations-Reservat, in dem die Familie seiner Mutter lebte. Zum Profi wurde er Anfang der 1960er in der Backingband des kanadischen Rock ’n’ Rollers Ronnie Hawkins.
Dann kam der Ruf von Bob Dylan, der sich damals gerade vom akustischen Folksolist zum elektrifizierten Rocker wandelte und für die neue Rolle passende Begleitung benötigte. Buhrufe von empörten Puristen gehörten zu den ständigen Begleiterscheinungen auf Konzerten von Bob Dylan & The Band 1965 und 1966.
Im Folgejahr nahm Dylan mit The Band im Keller des rosa angestrichenen Hauses („Big Pink“), in dem die Musiker Quartier genommen hatten, Demos für neue Songs auf. Robertson hatte für Hawkins zuvor bereits komponiert, aber die enge Zusammenarbeit mit Dylan und seinen mit vielen unterschiedlichen Talenten gesegneten Musikerkollegen hob sein Songwriting auf ein neues Niveau.
Robertsons Songs auf „Music From Big Pink“ (1968), dem ersten eigenen Album des Quintetts, das sich so vermeintlich einfallslos wie selbstbewusst The Band nannte, gelten in ihrer geschichtsträchtigen, melancholischen Beschwörung des düsteren alten Amerikas als Beginn des „Americana“-Genres.
Melancholisch und geschichtsträchtig
Kommerziell wurde The Band zwar immer erfolgreicher, aber künstlerisch ging Robertson danach langsam die Luft aus. Ein Album mit Coverversionen, ein Live-Doppelalbum mit ausschließlich alten Songs, eine zweite Phase als Dylan-Begleiter konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine neuen Songs nicht mehr die Magie der ersten Band-Alben hatten. Mit einem von Martin Scorsese im Film festgehaltenen Abschiedskonzert („The Last Waltz“) trat The Band 1978 ab.
Die Verbindung zwischen Scorsese und Robertson hielt in den folgenden Jahrzehnten, die zu den Ex-Bandmitgliedern wurde von Copyright-Streitigkeiten getrübt. Während seine Soundtracks, vor allem für Scorsese-Filme, durchaus funktionierten, muss man seine späteren Soloplatten eher als missglückte Versuche deuten, eine neue eigene Stimme zu finden. Robbie Robertson starb am 9. August in Los Angeles.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten