Nachruf auf Danny Kavalier: Ein Christdemokrat, der Grenzen setzte
Eine Ausnahmepersönlichkeit in der CDU Sachsen-Anhalt: Hettstedts Bürgermeister Danny Kavalier ist überraschend gestorben.
Wahrscheinlich war es aber einfach Weitsicht. Der Jurist erkannte die Chance für seine Region, die so stark wie keine zweite vom Bevölkerungsrückgang betroffen ist. So eine Haltung braucht Zutrauen. „Wir müssen offener werden, vor allem im Geist“, war Kavaliers Credo.
Das war im März 2016. Wenige Tage zuvor war die AfD mit 24,3 Prozent als zweitstärkste Partei in den Landtag von Sachsen-Anhalt eingezogen. In Kavaliers Landkreis Mansfeld-Südharz sicherte sich der AfD-Mann Jens Diederichs mit 31,5 Prozent das Direktmandat. Diederichs räsonierte über Schusswaffengebrauch gegenüber Geflüchteten. Kavaliers Stadt schien der AfD zuzuneigen.
Der Bürgermeister ließ sich nicht beirren, warb um Geflüchtete, sprach mit Vereinen, Unternehmern, mit Kritikern. In einem Brief stärkte er Kanzlerin Angela Merkel den Rücken. In der Landes-CDU hatte man dafür wenig Verständnis. Überhaupt fand Kavaliers Ansatz nicht allzu viele Befürworter. In der CDU-Landtagsfraktion warnte man schon vor zu vielen Kopftüchern in den Städten.
Kavalier wollte sich zur Wiederwahl stellen
Entsetzt war Kavalier, als die CDU-Fraktion im Juni 2017 Jens Diederichs, der kurz zuvor die AfD verlassen hatte, in ihre Reihen aufnahm, formal als parteilosen „Hospitanten“, faktisch aber als Teil der Fraktion, mit Mailadresse, Briefkopf und Abgeordnetenbüro. Eine Aufnahme in die Partei werde es nicht geben, stellte Kavalier, auch CDU-Kreisvorsitzender, klar.
Beim letzten Besuch Mitte August präsentierte ein sichtlich erfreuter Kavalier Ergebnisse: Der Bevölkerungsrückgang ist nahezu gestoppt, eine Kita, deren Ende besiegelt war, kann offen bleiben, und Schulen können mit Zahlen planen, die vor Kurzem unerreichbar schienen. Der Ausländeranteil stieg von 1,4 auf 4,7 Prozent, und der FC Hettstedt ist seit 2015 dreimal in Folge aufgestiegen. Ein Syrer aus Hettstedt ist 2018 Torschützenkönig geworden.
Kavalier wollte sich im Oktober der Wiederwahl stellen. Am Samstag ist er einem Herzinfarkt erlegen. Danny Kavalier wurde 40 Jahre alt. Er hinterlässt seine Lebensgefährtin und zwei Kinder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht