Nachruf auf Christiane Hörbiger: Eine Volksschauspielerin
Die österreichische Schauspielerin Christiane Hörbiger ist gestorben. Durch die ZDF-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ wurde sie ein Megastar.
Könnte sie auf den Fluss ihrer erstaunlichen Karriere zurückschauen, würde sie vermutlich, mimisch äußerlich kaum lesbar, seufzen.
Ein bisschen spät hat sie richtig Fahrt aufgenommen, für eine Tochter der österreichischen Schauspielgött*innen Paula Wessely und Attila Hörbiger weit jenseits der Elevinnenjahre: Das war Mitte der achtziger Jahre, als das ZDF sie mit der Hauptrolle in „Das Erbe der Guldenburgs“ betraute.
Fortan wurde sie, die in einer Fülle von TV- und Theaterproduktionen rührig war – aber, so monierten Kritiker*innen, mit ihrer gewissen Hölzernheit nicht an die künstlerischen Raffinessen ihrer Eltern herankam –, als Christine Gräfin von Guldenburg quasi über Nacht zum Megastar.
Christiane Hörbiger schien seither immer da gewesen zu sein, und sie blieb, oft in Primetimeschnulzen, auf allen öffentlich-rechtlichen Kanälen, mit den männlichen Granden ihrer Branche, Götz George und Friedrich von Thun. Als „Gräfin“ setzte sie indes Standards. Sie war eine Idealbesetzung in dieser für das ZDF boosterhaft erfolgreichen Serie, die ästhetisch die neoliberalen Achtziger ins Disneymonarchiehafte wendete. Hörbiger glänzte besonders in einer Szene, in der sie ihrer Tochter (gespielt von Katharina Böhm) fein und welterfahren erläutern will, dass diese ihr Verhältnis mit dem Fahrer der Guldenburgs keineswegs aufrechterhalten könne, denn, so sagt Mutter Guldenburg: „Ihr wacht morgens auf und seht in den Garten – du als Tochter der Guldenburgs wirst aber immer den weiten Blick über den Horizont hinaus haben.“
Mit österreichischem Timbre
Das war schmalzig, klar, aber mit dieser Sentenz hätte man auch schon die heutig-modische Klassismusdiskussion nach dem Gusto Eva Illouz’ beginnen und beenden können: Klarer geht’s nicht, worauf es jenseits von Hormonaufwühlungen wirklich ankommt. Hörbiger agierte, in dieser wie in allen Szenen, stets mit diesem österreichischen Timbre, leicht hochnäsig, aber dabei die Contenance wahrend, damit der Schein der gemeinsamen Augenhöhe nicht verschattet wird.
In einer anderen ihrer wunderbaren Rollenverkörperungen war sie in einer ARD/ORF-Serie die Anwältin Julia Laubauch. Schöne Bilder aus dem Weinviertel, sie die toughe Advokatin, die, nachdem sie vom Gatten für eine Jüngere sitzen gelassen wurde, zur Reife sich emporkämpft.
Und wie! Mit der Spitzenszene, in der die Hörbiger einen Streit schlichtet und ihren Ratschluss kurz darlegt, um dann knapp ein „Guten Tag!“ auszubringen: eine damenhaft-eisige Entschlossenheit in der Allüre, bar aller Süßlichkeit. Sie hat im Fernsehen zu ihrem Format, ihren Rollen gefunden, sie befreite sich offenbar mit dem Erfolg von dem Wahn, wie ihre Eltern dem Kulturreligiösen genügen zu müssen.
Sie war eine Volksschauspielerin, die karitativ viel unterwegs war, mal die SPÖ promotete, dann aber auch Sebastian Kurz. Das irritierte manche, aber sie erklärte sich dazu nie. Gut so, das hatte sie nicht nötig. Am 30. November ist sie mit 84 Jahren gestorben.
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