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Nachruf Jazz-Musiker Cecil TaylorKein Noten-Fuchser

Er war nie auf Jazz festgelegt und lehnte Traditionalismus in seinem Musiksegment ab. Cecil Taylor ist im Alter von 89 Jahren gestorben.

Cecil Taylor bei einem Konzert im Jahr 2007 Foto: imago/ZUMA Press

Als der US-Präsident ihm nach dem Konzert hinterhereilte, wurde der Secret Service nervös. „Weiß Horowitz von Ihnen?“, soll Carter den Pianisten gefragt haben. Cecil Taylor hatte 1976 auf der White House Party gespielt und Aufsehen erregt. Zwanzig Jahre zuvor hatte Taylor sein Plattendebüt, „Jazz Advance“, Mitte der 1990er Jahre mietete er auf eigene Kosten eine sehr teure Halle im New Yorker Lincoln Center, um ein Konzert zu geben.

Kurz vor seinem 70. Geburtstag bekam er in der „Hall Of Fame“ der Fachzeitschrift Down Beat eine Auszeichnung überreicht. Seitdem war der dauerhafteste Free-Player der Jazzgeschichte ganz offiziell eine lebende Legende, 2003 wurde er auch von der amerikanischen Jazzjournalistenvereinigung für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Und er genoss den Ruhm, den Respekt. Obwohl er auf Jazz nie festgelegt war, wurmte ihn mit zunehmendem Alter die Ignoranz jener, die behaupteten, dass er die Neue Musik Europas nur schlecht imitiere und nicht swinge. Er wetterte gegen jene Traditionalisten, die eine simplifizierte, konzertsaaltaugliche Version von Swing und Bebop zum Kanon des Jazz erklärten.

Wenn die Musik in der Luft liegt, so Taylor, könne die geschriebene Note nicht maßgeblich sein. Neben Taylor hatte damals auch der einstige John-Coltrane-Schlagzeuger Elvin Jones in der „Hall Of Fame“ gestanden, um seine Ehren-Plakette abzuholen. Kurz darauf gaben die beiden im New Yorker Jazzclub Blue Note ein ausverkauftes Duo-Konzert, und die Village Voice titelte ihre Rezension: „21st Century History“.

Neue Formen der Improvisation

Als Taylor mit neuen Formen der Improvisation experimentierte, war der Trompeter Bill Dixon in der Nähe. Die gemeinsame LP, „Conquistador!“, wurde 1966 für Blue Note aufgenommen. Zusammen mit Dixon hatte Taylor 1964 die New Yorker Oktoberrevolution im Jazz initiiert. Damals ging es um die Positionierung des Musikers als Künstler. Taylor und Dixon gründeten die selbstorganisierte Jazz Composers’ Guild.

Berlin und die Free Music Production waren für den gebürtigen New Yorker zeitweilig seine zweite Basis. In Berlin komponierte, dichtete und probte er, dort nahm er auf und ging in die Disco zum Tanzen, dort bekam er auch seine farbigen Ringelsocken. In seinem Pass war der 15. März 1929 als Geburtstag vermerkt – am 5. April ist der große Free-Jazz-Künstler im Alter von 89 Jahren verstorben.

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5 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...etwas 'mager', dieser Nachruf.

    And that's it.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Nunja..

       

      Mit der eher doch etwas distanziert platten Überschrift hatte sich Christian Broecking erwartbar doch schon scheint's verausgabt! Denn - daß er mit einem Free-player dieses Zuschnitts & Extraklasse wirklich etwas anzufangen weiß - was am Hut hat - ist halt eher unwahrscheinlich.

      Hätte Cecil Taylor aber eh nicht weiter gekratzt!

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        ...hätte ihn nicht gekratzt, stimmt.

  • Hey man. What'n unforgettable musician & such living quick silver!

     

    Farewell Cecil Taylor

     

    (btw only - ca Ende der 90er - Funkhaus Walraffplatzsaal Kölle! "Hör mal - mal ehrlich. Das ist doch ein Scharlatan!" - ne osteurop. Größe! "Ja hast du keine Ohren am Kopp?!"Ja - an ihm schieden sich gern die Geister!;)) - Incredibel!

    • @Lowandorder:

      Und ich in Moers 2008, mit Tony Oxley, zwischen Avishai Cohen und Terje Rypdal. Magisch...

       

      (Die Karten gabs als Gewinn vonne taz: Danke!!!)

       

      Und Danke Cecil! Mögest Du auf ewig von von Wynton Marsalis & Co. verschont bleiben.