Nachruf Edward Albee: Meister der Beunruhigung

Der US-Dramatiker Edward Albee starb mit 88 Jahren in New York. Es bleibt nicht nur der coole Dramentitel „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“

Ein Mann, Edward Albee

Keine Angst vor Virginia Woolf: der dreifache Pulitzer-Preisträger Edward Albee Foto: ap

Im Radio war es zu hören, der amerikanische Dramatiker Edward Albee ist gestorben. Es ist ein Filmbild, das mit seinem Namen sofort aufblitzt: Wie Elizabeth Taylor, leicht alkoholisiert, mit hochtoupierten schwarzen Haaren und in engen schwarzen Hosen, die Hüften vorschiebt und mit dem Satz „An die Gewehre, junger Mann“ einen jungen Gast zum Tanzen auffordert, provozierend vor den Augen des eigenen Ehemanns.

Als Kind habe ich die 1966 entstandene Verfilmung von Albees berühmten Drama „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, das zur Mutter aller Eheschlachten werden sollte, gesehen, höchst aufregendes Kino für Erwachsene. Wie sich Aufsässigkeit mit sexuellem Begehren koppelt, wie emanzipative Gesten sich mit dem Absturz in Alkohol verbinden können, ein Trubel von Gefühlen, von Widersprüchen, von Emotionen, die mitreißen, obwohl man sie nicht versteht, all das lag in diesem Drama. Viel Stoff, um mit meiner älteren Schwester lange darüber zu grübeln.

Edward Albee, so kann man jetzt in einem Nachruf der New York Times lesen, wollte nicht, dass man seine Stücke mochte. Beunruhigen sollte sie, fortwirken unter der Haut. Das ist ihm gelungen. In der Schule lasen wir Ende der 1970 Jahre im Englischunterricht seine „Zoogeschichte“, ein Einakter, von der Begegnung zweier Männer auf einer Parkbank.

Mit einer teils ekligen, aber auch mitleiderregenden Geschichte über einen Hund versucht Jerry den Familienvater Peter zu fesseln und zu manipulieren. Man ist sich nie sicher – geht es um Homosexualität, wird nicht Ausgesprochenes mit erzählt. Am Ende treibt Jerry den eigentlich Unbekannten dazu, ihn mit einem Messer zu erstechen. Das machte uns Schülern zu schaffen, was treibt die da um. Ein Erzählmuster, das sich in vielen amerikanischen Filmen später wiederholt hat. Die Uraufführung wollte übrigens in den USA kein Theater übernehmen, sie kam in Berlin im Schillertheater heraus.

Die „Zoogeschichte“ von Albee machte uns Schülern zu schaffen, was treibt Peter und Jerry da um?

Mit beiden Dramen erregte der 1928 geborene Dramatiker große Aufmerksamkeit und beeinflusste viele Autoren und Filmemacher nach ihm. Für spätere, hier weniger bekannte Dramen wie „A Delicate Balance“ und „Three Tall Women“ von 1991 erhielt er dreimal den Pulitzer-Preis für Dramatiker.

Albee war als Kind von einem Paar adoptiert worden, das ein Vaudeville-Theater betrieb. So wuchs er in der Theater- und Kinobranche auf. Er begann nicht nur erstaunlich früh, Theaterstücke zu schreiben, sondern war sich auch schon als Jugendlicher seiner Homosexualität bewusst. Nicht zuletzt das spielte eine Rolle, wenn Lebenslügen, Selbstbetrug und der Verkauf falscher Images zu seinen Themen wurden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.