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Nachrichten in der CoronakriseKritik an Ende der Quarantäneregel

Patientenverbände und Ärz­t:in­nen wollen die Isolationspflicht über den Mai hinaus beibehalten. Die Inzidenz sinkt. Shanghai bleibt im Lockdown.

Erst die Maskenpflicht jetzt die Quarantäneregeln: Nicht alle finden gut, wie schnell gelockert wird Foto: dpa/ Boris Roessler

Shanghai verlängert Lockdown

Die chinesische Hafenmetropole Shanghai hat den weiträumigen Corona-Lockdown für seine 26 Millionen Einwohner auf unbestimmte Zeit verlängert. Unter Hinweis auf die hohe Zahl von Infektionen teilte die Stadtregierung mit, dass erst die Ergebnisse des Massentests vom Montag, die Überprüfung sowie der Transport der Infizierten in Quarantäne abgeschlossen werden müssten, bevor über die weitere Richtung der Kontrollmaßnahmen entschieden werde.

Die Gesundheitskommission in Peking meldete am Dienstag mit mehr als 16.000 neuen Infektionen die höchste Zahl in der laufenden, bisher schlimmsten Coronawelle in China seit zwei Jahren. Mit mehr als 15.000 sind die meisten Fälle asymptomatisch. Allein in Shanghai wurden nach den Tests der vergangenen Tage mehr als 13.000 Ansteckungen ohne Symptome und 268 neue Erkrankungen gemeldet. Schwer betroffen ist auch die nordostchinesische Provinz Jilin.

Wer infiziert ist, kommt in China in ein Krankenhäuser oder Quarantäne-Einrichtungen, die in Shanghai in Turn- und Messehallen eingerichtet worden sind, aber an ihre Grenzen stoßen. Seit Anfang März zählte die Stadt schon mehr als 70.000 Infektionen – am Montag erstmals mehr als 10.000 am Tag. Eigentlich sollten die Ausgangssperren im Westen nur von Freitag bis Dienstag laufen, aber wie zuvor schon im Osten und Süden, wo der Lockdown von Montag bis Freitag gehen sollte, müssen die Menschen weiter zuhause bleiben. (dpa)

Kritik an Ende von Quarantänepflicht

Das zum 1. Mai geplante Ende der Isolations- und Quarantänepflicht für Corona-Infizierte und Kontaktpersonen stößt auf Widerspruch von Experten und Patientenschützern. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sieht dadurch große Gefahren für besonders gefährdete Menschen. „Für die Hochrisikogruppe wird es immer gefährlicher. Diese Menschen leben mitten unter uns“, sagte Brysch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). „Gleich den Coronaleugnern wird die Infektion verharmlost“, kritisierte der Patientenschützer.

Der Epidemiologe Hajo Zeeb forderte eine Beibehaltung der Pflicht zur Isolation von Infizierten. „Wenn eine Person Symptome aufweist, dann sollte sie zu Hause die Corona-Infektion aussitzen, anstatt noch mehr Menschen anzustecken“, sagte Zeeb dem RND. Gerade bei der Omikronvariante bestehe die Gefahr einer sehr schnellen Weitergabe des Virus. Eine Isolationspflicht von fünf Tagen sollte daher unbedingt eingehalten werden. Dagegen hält Zeeb eine Quarantäne für Kontaktpersonen nicht mehr für notwendig.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich am Montag darauf verständigt, dass Corona-Infizierte und Kontaktpersonen ab 1. Mai in der Regel nur noch freiwillig und für kürzere Zeit in Isolierung oder Quarantäne müssen. Infizierten wird demnach künftig nur noch „dringend empfohlen“, sich für fünf Tage zu isolieren und Kontakte zu meiden – für Kontaktpersonen von Infizierten soll es entsprechend gelten. Eine Anordnung des Gesundheitsamts fällt weg. Strengere Vorgaben sollen aber noch für Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege bleiben, die sich infiziert haben. (dpa)

Inzidenz sinkt weiter

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist weiter gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Dienstagmorgen mit 1.394,0 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1.424,6 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1.703,3 (Vormonat: 1.220,8).

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 180.397 Coronaneuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.05 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche waren es 237.352 Ansteckungen.

Bei den Werten ist zu berücksichtigen, dass einzelne Länder nicht an jedem Wochentag Daten melden, am Wochenende zum Beispiel Baden-Württemberg, Niedersachsen und Brandenburg nicht oder nicht vollständig. Das wiederum führt zu Nachmeldungen an Folgetagen. Ein Vergleich von Tageswerten wird damit zunehmend schwierig. Zudem gehen Experten seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus – wegen überlasteter Gesundheitsämter und weil nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Nur diese zählen in der Statistik.

Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 316 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 307 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 21.894.074 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

Die Zahl der in Kliniken gekommenen Corona-infizierten Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gab das RKI am Montag mit 6,61 an (Sonntag: 6,97). Auch hierbei gibt es Tage mit lückenhaften Meldungen. In dem Wert erfasst sind auch viele Menschen mit positivem Coronatest, die eine andere Haupterkrankung haben.

Die Zahl der Genesenen gab das RKI am Dienstag mit 17.407.700 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 130.368. (dpa)

USA: Kompromiss bei Finanzierung von Coronabekämpfung

Die Verhandlungsführer im amerikanischen Kongress haben sich auf ein zusätzliches 10-Milliarden-Dollar-Paket zur Bekämpfung der Coronapandemie geeinigt. Damit soll der Bedarf der USA gedeckt werden. Hilfen für eine weltweite Bekämpfung der Pandemie seien jedoch aus dem Paket gestrichen worden, sagt der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer.

Der Kompromiss wäre weniger als die Hälfte der 22,5 Milliarden Dollar, die US-Präsident Joe Biden ursprünglich zur Coronabekämpfung, zur Vorbereitung auf künftige Varianten und zur Stärkung der Pandemie-Infrastruktur des Landes gefordert hatte. Der amerikanische Senat und das Repräsentantenhaus müssen dem Kompromiss noch zustimmen. (rtr)

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1 Kommentar

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  • "Gerade bei der Omikronvariante bestehe die Gefahr einer sehr schnellen Weitergabe des Virus. Eine Isolationspflicht von fünf Tagen sollte daher unbedingt eingehalten werden. Dagegen hält Zeeb eine Quarantäne für Kontaktpersonen nicht mehr für notwendig."

    Abstand von anderen Menschen halten, wenn man erkältet ist. Sollte man immer tun. Und auch eine Maske macht dann sehr viel Sinn. Allerdings werden bereits jetzt nicht mehr viele Infektionen wirklich verhindert. Infektionen werden realistisch gesehen nur zeitlich verschoben.

    Im Gegensatz zum jetzigen Wochenende ist dann der 1. Mai der tatsächliche Tag, an dem alle tiefgreifenden Maßnahmen auslaufen, der eigentliche "Freedom Day".

    Generell ist es wie erwartet: Eine Pandemie endet nicht wenn die Fallzahlen niedrig sind. Sie endet dann, wenn die Fallzahlen hoch sind, das aber kein gesellschaftskritisches Problem mehr darstellt.

    Aus der CDU hört man als Oppositionspartei nun natürlich Empörung:



    "Im Klartext läuft das dann wirklich auf eine Durchseuchung der Bevölkerung hinaus", sagt Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei.

    Das ist nicht nur im Klartext so und kann auch nur unerwartet kommen, wenn man sich weder mit der Materie selbst, noch mit den Schritten und Entwicklungen in anderen Ländern beschäftigt.

    Es ist der einzige Weg, der einer Gesellschaft bei einem Virus übrig bleibt, das fast so ansteckend wie die Masern, dabei aber (derzeit schon) nur noch so gefährlich wie die Schweinegrippe ist. Zyklische Infektionen führen nach und nach zu einem Gleichgewicht, was größere Wellen verhindert und das menschliche Immunsystem an die dann nicht mehr neue Virusgattung gewöhnt.