Nachrichten in der Coronakrise: Polizei räumt Blockaden von Ottawa
In Kanadas Hauptstadt kommt es zu zahlreichen Festnahmen. In Deutschland sinkt die 7-Tage-Inzidenz weiter. Und Söder warnt vor einer „Corona-RAF“.
Mehrere Protest-Anführer in Gewahrsam genommmen
Bei ihrem Großeinsatz gegen den seit Wochen andauernden Protest gegen die Corona-Politik in Kanadas Hauptstadt Ottawa hat die Polizei mittlerweile mehr als hundert Menschen festgenommen. Schwerbewaffnete Polizisten, teilweise auf Pferden, hatten am Freitagmorgen damit begonnen, die Demonstranten zurückzudrängen und Straßen freizuräumen. Mehrere hundert Beamte schleppten etwa 20 Fahrzeuge ab und nahmen bis zum Abend mehr als 100 Demonstranten fest. Verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand.
Auch mehrere Anführer der Proteste wurden festgenommen. Der Rechtsextreme Pat King wurde gefasst, als er die Stadt verlassen wollte. Seine Festnahme wurde live auf Facebook übertragen. Kurz darauf wurde auch der an der Organisation der Proteste beteiligte Ex-Polizist Daniel Bulford festgenommen.
Die Polizei hatte die Demonstranten zunächst aufgefordert, die blockierten Straßen und Plätze zu räumen. „Jede Person, die sich am Ort einer illegalen Demonstration aufhält, kann festgenommen werden“, erklärte sie auf Twitter und drohte mit „schweren Strafen, wenn Sie nicht sofort weitere ungesetzliche Aktivitäten einstellen und Ihr Fahrzeug und/oder Eigentum entfernen“. Wie eine AFP-Reporterin berichtete, kamen viele an dem Protest beteiligten Lastwagenfahrer dem Aufruf der Polizei nach und fuhren ihre Lkw weg.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte sich am Montag auf Notstandsbefugnisse berufen, um stärker gegen die Proteste vorgehen zu können. Am Mittwoch stellte die Polizei den Protestierenden ein Ultimatum und drohte mit Festnahmen, falls sie nicht das Stadtzentrum räumten. Am Donnerstag wurde die Polizeipräsenz im Parlamentsviertel deutlich erhöht.
Es wurde damit gerechnet, dass die Räumung der blockierten Straßen sich über Tage hinziehen könnte. Der Einsatz ende erst, „wenn die Einwohner von Ottawa ihre Stadt zurückbekommen haben“, kündigte die Polizei in der Nacht zu Samstag an.
Die Demonstrationen hatten als Proteste von Lkw-Fahrern gegen die Impfpflicht bei Grenzübertritten begonnen. Auf dem bisherigen Höhepunkt der Aktionen hatten die Trucker mehrere wichtige Grenzübergänge zu den USA blockiert. Die Polizei hatte daraufhin in dieser Woche bereits dutzende Demonstranten festgenommen.
Inzwischen richten sich die Demonstrationen allgemein gegen die Corona-Regeln und die Regierung von Premierminister Trudeau. Die Proteste haben weltweit Nachahmer gefunden, unter anderem in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Israel und Neuseeland. (afp)
189.105 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tage in Deutschland
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist erneut gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Samstagmorgen mit 1350,4 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1371,7 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1474,3 (Vormonat: 584,4). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 189.105 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche waren es 209.789 Ansteckungen.
Experten gehen von einer hohen Zahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Testkapazitäten und Gesundheitsämter sind demnach vielerorts am Limit, Kontakte werden nur noch eingeschränkt nachverfolgt. Zudem dürfte die Zahl der Menschen steigen, die ihre Infektion nicht mehr über einen PCR-Test bestätigen lassen – die Infektion fließt damit nicht in die offizielle Statistik ein.
Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 210 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 198 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 13.445 094 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der in Kliniken gekommenen Corona-infizierten Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gab das RKI am Freitag mit 6,24 an (Donnerstag: 5,97). Darunter sind auch viele Menschen mit positivem Corona-Test, die eine andere Haupterkrankung haben. (dpa)
Impfen geht weiter nur schleppend voran
Beim Impfen gegen das Coronavirus geht es weiterhin nur langsam voran. Am Freitag wurden in Deutschland mindestens 156 000 Impfdosen verabreicht, wie aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Samstag (Stand 9.01 Uhr) hervorgeht. Am Freitag vor einer Woche hatten sich inklusive Nachmeldungen noch knapp 224 000 Menschen (ohne Nachmeldungen 193 000) impfen lassen. Die aktuelle Tageszahl verabreichter Impfungen ist immer vorläufig, da nicht alle verabreichten Impfdosen sofort gemeldet werden.
Mittlerweile haben 75,1 Prozent der Bevölkerung (mindestens 62,5 Millionen Menschen) einen Grundschutz erhalten, für den meist zwei Spritzen nötig sind. 56,2 Prozent (46,7 Millionen) haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung bekommen. Mindestens einmal geimpft sind 76,2 Prozent (63,4 Millionen).
Eine große Gruppe von 23,8 Prozent der Bevölkerung (19,8 Millionen Menschen) ist laut dem Impf-Dashboard des Gesundheitsministeriums weiterhin ungeimpft. Für 4,8 Prozent (vier Millionen) ist allerdings bisher kein Impfstoff zugelassen, weil sie vier Jahre oder jünger sind. (dpa)
Kinder- und Jugendärzteverband für Zurückfahren von Auflagen
In der Diskussion um eine Lockerung der Corona-Regeln an den Schulen setzt sich der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) für ein Zurückfahren der Auflagen ein. „Anlasslose Testungen sollten in Schulen und Kitas entfallen, die Maskenpflicht sollte zeitnah überdacht werden“, sagte der Bundessprecher des Verbandes, Jakob Maske, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, warnte dagegen davor, die Vorsichtsmaßnahmen an den Schulen zu schnell zurückzufahren.
Maske forderte, auch Sportangebote außerhalb der Schule sollten wieder uneingeschränkt wahrgenommen werden können. „Wir sind nun in einer Situation, in der ältere Altersgruppen sich durch Impfungen selbst schützen können“, sagte er. „Daher müssen Schulen und Kitas unabhängig vom Infektionsgeschehen offenbleiben.“ Der Mediziner plädierte zudem dafür, dass 2G-Regeln nur für Menschen ab 18 Jahren gelten sollten. Die Politik habe in der Vergangenheit immer wieder Entscheidungen getroffen, die das Kindeswohl nicht berücksichtigt hätten, kritisierte er. „Das hat zu schweren psychischen Beeinträchtigungen geführt, aber auch zu einem deutlichen Anstieg der sozialen Unterschiede.“
Meidinger sprach sich für einen vorsichtigen Kurs aus. „Wir müssen Schritt für Schritt vorangehen“, sagte er dem RND. Bei den derzeitigen Inzidenzen in den jungen Altersgruppen brauche es „im Augenblick noch häufige, am besten tägliche Tests die Woche in der Schule“, sagte Meidinger. „Wenn die Lage sich bessert, sollte man erst runtergehen auf drei, dann – noch vor den Osterferien – auf einen.“ Nach den Ferien sollte es dann aber eine Sicherheitsphase geben, in der vorübergehend wieder mehr getestet wird.
Zur Maskenpflicht sagte Meidinger: „Ich wünsche sehnlichst den Tag herbei, an dem alle Kinder und Jugendlichen wieder ohne Maske lernen können.“ Aber die Masken seien erwiesenermaßen ein besonders gutes Schutzmittel gegen eine Ansteckung. „Daher ist der Lehrerverband überzeugt, dass auch die Maskenpflicht nur Schritt für Schritt abgebaut werden kann“, erläuterte er. „Hauptziel muss sein, den Präsenzunterricht nicht durch zu frühe und zu massive Lockerungen zu gefährden.“ (epd)
Meinungsverschiedenheiten in der Ampelkoalition
In der Ampel-Koalition gibt es weiterhin Meinungsverschiedenheiten über die Corona-Politik ab Ende März. Nötig sei dann weiterhin „ein passender Instrumentenkasten an Schutzmaßnahmen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. „Alle tiefgreifenden, pauschalen und grundrechtseinschränkenden Maßnahmen müssen wegfallen“, forderte unterdessen der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
Die bislang geltenden Schutzmaßnahmen laufen bundesweit am 19. März aus. Haßelmann betonte jedoch, Maßnahmen müssten auch danach „flexibel anwendbar sein, damit bei einer möglichen Verschlechterung der Lage eine kurzfristige und punktgenaue Erhöhung des Schutzes möglich ist.“
Bisherige Erfolge bei der Pandemie-Bekämpfung dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden, sagte die Grünen-Fraktionschefin. „Kommunen, Städte und Bundesländer müssen beim Pandemiemanagement handlungsfähig bleiben, um Öffnungen abzusichern“. Um dies zu ermöglichen, müsse dafür im Infektionsschutzgesetz „eine verlässliche Rechtsgrundlage“ geschaffen werden.
Djir-Sarai sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, man dürfe nicht „dauerhaft, sozusagen auf Vorrat, so freiheitseinschränkende Maßnahmen immer wieder verlängern“. Sollte sich das Infektionsgeschehen erneut substanziell ändern, „ist der Bundestag jederzeit handlungsfähig“. Zudem könnten die Länder im Bedarfsfall auch weiterhin punktuelle und zielgerichtete Maßnahmen ergreifen.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach sich erneut dafür aus, Schutzmaßnahmen ab dem 20. März eng zu begrenzen. „Mir erscheinen hier aktuell lediglich Maßnahmen mit einer hohen Wirksamkeit und einer geringen Eingriffsintensität vorstellbar. Dies könnten insbesondere Teststrategien und die Maskenpflicht in besonderen Situationen sein“, sagte Buschmann der Rheinischen Post. (afp)
Corona-Kurzarbeit kostet rund 46 Millionen Euro
Die Bundesagentur für Arbeit schätzt die voraussichtlichen Gesamtkosten der coronabedingten Kurzarbeit auf 46 Milliarden Euro. „Die Kurzarbeit hat uns seit Anfang 2020, als die Corona-Krise ausbrach, bisher rund 42 Milliarden Euro gekostet. Sollte die Krise in diesem Jahr zu Ende gehen, dürften es am Ende vielleicht 46 Milliarden Euro gewesen sein – aber die sind gut angelegtes Geld“, sagte Agentur-Chef Detlef Scheele der „Rheinischen Post. „Der Anstieg der Arbeitslosenzahl wäre bis zu drei Mal teurer geworden.“
Die Zahlen bei der Kurzarbeit gingen nicht so hoch, wie die Bundesagentur zu Beginn der vierten Corona-Welle im November noch prognostiziert habe, sagte Scheele. In den vergangenen beiden Monaten habe es jeweils 25.000 Anzeigen gegeben. „Im Jahresschnitt steuern wir auf gut 300.000 Menschen in Kurzarbeit zu“, bekräftigte Scheele bisherige Prognosen. Das Defizit der Bundesagentur werde am Jahresende allerdings über der Summe von einer Milliarde Euro liegen.
Nach Angaben von Ende Januar hat die Corona-Krise die Bundesagentur bisher insgesamt rund 52 Milliarden Euro gekostet. Sie wird nach Einschätzung ihrer Finanzchefin Christiane Schönefeld lange Zeit brauchen, um nach den Corona-Jahren wieder eine Rücklage zur Krisenabwehr aufzubauen. Im Haushalt 2022 klaffe noch eine Lücke von 1,3 Milliarden Euro, sagte sie Ende Januar. Frühestens von 2023 an könne wieder Geld angespart werden. (dpa)
Mehr als 6000 Corona-Neuinfektionen in Hongkong
Hongkong hat mehr als 6000 Corona-Neuinfektionen verzeichnet. Am Samstag registrierten die Behörden in der chinesischen Stadt und Sonderverwaltungszone insgesamt 6063 neue Corona-Fälle binnen 24 Stunden sowie 15 Todesfälle. Die Gesamtzahl der bestätigten Corona-Fälle in Hongkong stieg damit auf 46.763.
Die Regierung gab vor dem Hintergrund der steigenden Zahlen Pläne für den Einsatz von Bautrupps vom chinesischen Festland bekannt. Diese sollten Isolationseinheiten mit 10.000 Betten errichten, nachdem Patienten vor Krankenhäusern gezwungen waren, in der Winterkälte zu warten. Der Chef der Krankenhausbehörde, Tony Ko, entschuldigte sich in einem Radiobeitrag am Samstag dafür, dass Patienten gezwungen waren, im Freien zu warten.
Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, hat die Regierung Beschränkungen für Reisen und das Geschäftsleben verhängt. Regierungschefin Carrie Lam hatte am Freitag erklärt, die Wahl eines neuen Regierunschefs werde wegen Risiken für die öffentliche Gesundheit auf den 8. Mai verschoben. Am Montag hatte Lam erklärt, die Krankenhäuser in der Sonderverwaltungszone seien überlastet. Neben der Errichtung neuer Isolationseinheiten werde ihre Regierung Hotelzimmer, Sportanlagen und neu errichtete Wohnanlagen für die Unterbringung von Patienten nutzen, sagte Lam. (ap)
Söder für ein Abschalten von Telegram
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor einem sich verfestigenden Kreis einer „Corona-RAF“ in der „Querdenker“-Szene gewarnt. Die Zahl der Demonstrierenden gegen die Corona-Maßnahme von Regierungen und Behörden gehe zurück, sagte Söder in einem Interview der Würzburger Mainpost. „Einige Menschen haben sich in der Pandemie leider in eine Welt von Verschwörungstheorien verirrt“, sagte der CSU-Chef. „Wir dürfen am Ende keine „Corona-RAF“ bekommen, für die Gewalt akzeptabel wäre.“
Deswegen sei es wichtig, konsequent gegen antidemokratische Tendenzen vorzugehen. „Auf Plattformen wie Telegram entstehen abgeschlossene Blasen von Verschwörungstheoretikern. Wenn dort immer absurdere Fake-News als Wahrheiten verkauft werden, besteht die Gefahr, dass Einzelne daraus ein vermeintliches moralisches Widerstandsrecht entwickeln“, sagte Söder. Er trat deshalb für ein Abschalten der Plattform Telegram in Deutschland ein. „Was generell auf Seiten des Bundes fehlt, ist ein entschlossenes juristisches Vorgehen gegen Plattformen wie Telegram.“ (dpa)
„Safe Spaces“ für Journalisten auf Protesten
Angesichts einer zunehmenden Bedrohung von Journalisten bei Protesten gegen die Corona-Maßnahmen verstärken viele Bundesländer ihre Schutzmaßnahmen für Medienschaffende. In mehreren Ländern bieten die Behörden bei Kundgebungen inzwischen spezielle Schutzzonen oder „Safe Spaces“ an, von denen aus Journalistinnen und Journalisten sicher berichten können, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes unter den Landesinnenministerien und Landeskriminalämtern ergab. Die Polizei in Sachsen, wo im vergangenen Jahr mit 27 Fällen besonders viele einschlägige Straftaten registriert wurden, setzt bei Bedarf sogenannte Medienschutzteams ein, um Berichterstatter direkt zu schützen.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hatte im vergangenen Monat eine Zunahme gewaltsamer Übergriffe auf Pressevertreter bei „Querdenker“-Aktionen beklagt. Medienschaffende würden von Demonstranten unter anderem bedroht, bespuckt und attackiert, erklärte der Verband. Er forderte von Politik und Sicherheitsbehörden einen besseren Schutz von Journalistinnen und Journalisten. (epd)
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