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NachgefragtDemokratische Hygiene

■ Was die Grünen mit nur noch zehn Abgeordneten alles nicht mehr können

Können die Grünen als zehnköpfige Opposition in der Bürgerschaft noch etwas reißen? Mehr Mitspracherechte im Parlament erbittet die Fraktion nun von der Großen Koalition. Und das aus gutem Grund: Eigentlich ist das Parteiensystem nicht so gedacht, daß die Regierungskoalition fast 90 Prozent der Macht in ihrer Hand hält. Gesundes Regieren braucht Checks and Balances. Und im Parlament steht dafür die Opposition.

„Eine solche Rolle können wir in einigen Bereichen nicht mehr wahrnehmen“, sagt Hermann Kuhn, alter und neuer Bürgerschaftsabgeordneter. Die Opposition hat wenige Mittel, um den Regierenden die Pistole auf die Brust zu setzen. Kuhn listet auf, wofür die Opposition nun keine Mehrheit mehr beschaffen kann:

– Einberufung einer außerordentlichen Sitzung der Bürgerschaft

– Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

– Mißtrauensantrag gegen Senatsmitglieder

– Anrufung des Staatsgerichsthofes wegen Normenkontrollklage

– Einberufung einer Sondersitzung von Deputationen

– Einberufung von Sondersitzungen von Ausschüssen.

Abgesehen von der Anrufung des Staatsgerichtshofes ist für diese Maßnahmen immer die Zustimmung von einem Viertel der Abgeordneten nötig. Mit der AfB an der Seite ging das noch. Doch jetzt? Zudem sind nur die letzten beiden Punkte ohne Änderung der Landesverfassung reformierbar. Und die Verfassung ändern, das wollen selbst die Grünen nicht.

Auch an anderen Punkten haben die Grünen jetzt kein Mitspracherecht mehr. Einen Vizepräsident der Bürgerschaft können sie nicht mehr stellen, die Organisations-Klüngelrunden gehen damit an den Grünen vorbei. Auch aus der Parlamentarischen Kontrollkommission, die den Bremer Verfassungsschutz kontrollieren soll, fliegen die Grünen jetzt raus. Und in der vierköpfigen „Stiftung Wohnliche Stadt“, wo Gelder für Stadterneuerung ausgegeben werden, haben die Grünen nichts mehr zu suchen.

So geht das nicht, sagt Kuhn. Eine Stadt ohne Opposition – wie ein Künstler ohne Esprit.

Wie die Koalitionäre mit dem Begehr der Grünen umgehen, entscheidet sich voraussichtlich nächsten Montag. Dann wollen CDU und SPD über die Bitte der Grünen verhandeln. Viel ist es nicht, was den Grünen durchsetzbar erscheint. Sondersitzungen von Deputationen und Ausschüssen würden sie gerne einberufen können. Und in der Bürgerschaftsleitung und der „Stiftung Wohnliche Stadt“ hätten sie auch gerne eine Stimme. Letzter Punkt: Traditionell hat die Opposition den Vorsitz im Finanzausschuß. Doch wenn da nur noch einer sitzt, kann der vor lauter Organisation keine Politik mehr machen, fürchten Grüns. Lösung: Ein Grüner mehr muß in das Gremium. Der demokratischen Hygiene zuliebe. cd

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