Nachgefragt: Kleine Volkszählung
■ Jetzt sind wieder die InterviewerInnen für den „Mikrozensus“ unterwegs
Alle Jahre wieder steht der „Mikrozensus“ vor der Tür: Dann stürmen in ganz Deutschland freiwillige InterviewerInnen die Haushalte, um Daten zu sammeln. Wer sich dem amtlichen Wissensdurst verweigert, muss Strafe zahlen. In Bremen wurden per Zufallsverfahren wieder 3.400 Haushalte ausgewählt, die in diesen Tagen Besuch bekommen werden. Peter List vom Statistischen Landesamt erklärt, wie und warum.
taz: Mikrozensus – ist das eine Art kleine Volkszählung?
Peter List: Das kann man so sagen. Bei einer Volkszählung würde es eine Totalerhebung geben; der Mikrozensus ist eine Ein-Prozent-Stichprobe, hochgerechnet auf hundert. So bekommt man ein Abbild der gesamten Bevölkerung.
Sie sammeln Daten zur Struktur der Bevölkerung, zum Arbeitsmarkt und zur wirtschaftlichen Situation der einzelnen Haushalte. Was genau wollen sie wissen?
Wir fragen beispielsweise, wie die Mitglieder der ausgewählten Haushalte ihren Lebensunterhalt bestreiten – ob durch Erwerbstätigkeit, Arbeitslosengeld, Rente, Unterhalt – wir fragen, was und wie viel sie arbeiten und verdienen ...
Wie steht es mit der Geheimhaltung?
Veröffentlicht werden dürfen nur Daten, die über ,5.000' sind – also in der Realität mehr als fünfzig Personen betreffen – so dass ein Zugriff auf Einzeldaten nicht möglich ist.
Können Sie auch nach dem Interview beziehungsweise der Rücksendung des Fragebogens die Daten den entsprechenden Adressen zuordnen?
Es gibt zwar eine Namensleiste an den Erhebungsbögen, diese dient aber nur dazu, um festzustellen, ob dieser Haushalt auch berichtet hat. Wenn die Bögen erfasst worden sind, werden die Namensleisten abgetrennt und gesondert vernichtet.
Wer sammelt eigentlich?
Wir haben ehrenamtliche Erhebungsbeauftragte, die zur Geheimhaltung verpflichtet und auch extra zu diesem Zweck geschult werden. Sie haben von uns einen Ausweis bekommen, der in Verbindung mit einem Personalausweis gilt. Sie dürfen keine Angaben an irgendwelche Dritte weiterleiten. Wenn sie das tatsächlich machen würden, würde dies mit Bußgeld bis 10.000 Mark oder mehreren Jahren Gefängnis bestraft.
Sie sprechen von ,Auskunft-spflicht'. Was geschieht, wenn man sich ihr zu entziehen versucht?
Das ist gesetzlich geregelt. Wenn sie nicht berichten, dann werden sie von uns noch ein, zwei Mal gemahnt, und anschließend wird ein Zwangsgeld erhoben. Das fängt an mit 200 Mark, dann 500 und 1000 ...
Man könnte ja auch falsche Angaben machen, um sich elegant aus der Affäre zu ziehen.
Die Erhebungsbögen sind so aufgebaut, dass die Fragen logisch aufeinander folgen. Genau kontrollieren kann man die Antworten nicht. Im Endeffekt ist das reine Vertrauenssache.
Wie steht es um die Akzeptanz?
Der Mikrozensus wird schon seit 1957 durchgeführt und er hat immer ein verborgenes Leben geführt. Es sind immer welche dabei, die nicht berichten wollen, aber im Großen und Ganzen hat sich auch trotz der Volkszählungs-Debatte nichts Gravierendes geändert.
Fragen: hase
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