piwik no script img

Nachbereitung der US-Wahl im PrivatenDer Vibe-Killer

Fuck-Man ist wieder da. Ein eskapistischer Gesprächsversuch unter Freun­d*in­nen nach der US-Wahl.

Er ist zurück und bringt alles zum Wackeln: Donald Trump 2020 in einem Berliner Schaufenster Foto: dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene

Lasst uns bitte einfach mal über was anderes als USA reden!“, sagt der Freund auf dem Flohmarkt und starrt auf einen Aschenbecher aus Elfenbein.

„Mir fällt kein anderes Thema ein, fühl’ mich bloß leer und dumpf“, sagt die Freundin. – „Wir könnten noch mal über das Buchpreisdrama reden, wie war noch der Titel des Buches des Wut-Autors?“, fragt die Freundin und dreht an einem Globus. – „1.000 Seiten!“, sagt der Freund und schaut durch einen View-Master. – „Nee, irgendwas mit Projektion.“ – „Klingt nach Psycho-Ratgeber.“ – „Könnte ich gut gebrauchen, oder ’ne Polit-Seelsorge-Hotline.“

„Jetzt sind wir wieder bei der Scheiße, ich will über was anderes nachdenken!“ – „Okay, ich hab’s! Warum kamen Schlaghosen für Männer nie wieder in Mode?“ – „Es gibt eben Sachen, die haben ihre Zeit und das war’s dann“, sagt die Freundin und hängt eine Pailletten-Bomberjacke zurück. – „Schön wär’s.“ – Jetzt sind wir schon wieder beim Thema!“

„Ich krieg den Fuck-Man nicht aus dem Kopf, der killt jeden guten Vibe.“ – „Schlimmerweise gewöhnt man sich wahrscheinlich irgendwann dran.“ – „An Schlaghosen hab ich mich nie gewöhnt.“ – „Oder an Plateau-Turnschuhe.“ – „Helmut Kohl.“ – „Hat nie Schlaghose getragen.“

Noch so ein Dark Entertainer

Der Mann hinterm Stand mit den Globussen mischt sich ein: „Habt ihr in diesen Tagen keine anderen Sorgen als Klamotten?“ – „Wegen jetzt hier Amerika, meinen Sie?“ – „Davon lenken wir uns doch gerade ab, der Herr.“

„Jetzt schreien alle, als wäre es davor oberknorke gewesen, dabei ist die ganze Weltordnung doch schon seit Ronald Reagan am Rotieren.“ – „Noch so ein Dark Entertainer.“ – „Ja, und jetzt kommt final fundamental The Return of Fuck-Man.“ – „Fuck-Man schlägt zurück.“ – „Fuck-Man und der Tempel des Todes.“ –„Fuck-Man – Tag der Abrechnung.“ –„The Return of the Living Fuck-Man.“

„Heißt es nicht eigentlich Fuck-Boy?“ – „Das verharmlost die Sache total.“ – „Klingt nach Freispruch wegen Jugendstrafrecht.“ – „Der Junge hat Flausen im Kopf, muss sich austoben und darf deshalb alle schlecht behandeln.“

„Wisst ihr noch: Two and a Half Men?“ – „Du meinst, Charlie Sheen ist der Grund für die Verharmlosung von Fuck-Men im Allgemeinen?“ – „Weltweit haben sich alle darüber amüsiert, wie scheiße er Frauen behandelt.“ – „Aber nur, weil er gleichzeitig als Alkoholiker dargestellt wurde.“ – „Verharmlosung Part Two.“

„Wie hieß denn dieser Typus eigentlich, als es noch nicht Fuck-Boy hieß?“ – „Eier­mann?“ – „Casanova!“ „Chauvi.“ – „Jon Cryer, als sein Bruder, spielte das Gegenmodel.“ – „Unterwürfig, von Frauen missachtet und gequält.“ – „Das war witzig.“

Der Globusmann ruft: „Als Mann bist du eben Held oder Huhn. Ich sag’s, wie es ist.“ –„Männer werden beleidigt, indem sie als weiblich beschimpft werden.“ – „Er hat geheult wie ein kleines Mädchen.“ – „Mein kleiner Junge wurde letztens in der Kita von der kleinen Johanna verhauen.“

„Das ist ja auch nicht die Lösung.“ – „Was ist die Lösung?“ – „Erst mal nix: Angst essen Seele auf.“ – „Den Film wollte ich immer mal sehen.“ – „Jetzt läuft nur noch ein Film.“ – „Zurück in die Fuck-Man-Zukunft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ganz ehrlich, bei vielen Menschen hat diese Trump-Obsession für mich schon fast etwas psychotisches an sich... Der Typ ist ein Vollidiot keine Frage aber allein wegen ihm wird die Welt nicht untergehen... sie wird es nur ein wenig schneller tun!

  • „Wisst ihr noch: Two and a Half Men?“ „Weltweit haben sich alle darüber amüsiert, wie scheiße er Frauen behandelt.“

    Wow, was für ein Framing. Genau darüber haben sich in dieser Serie Menschen amüsiert. Wow. Ja. Nur deswegen war die Serie so erfolgreich.