Nach der Verurteilung von Uli Hoeneß: Strengere Regeln für Selbstanzeigen
Führende Koalitionspolitiker wollen die Bedingungen von Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung prüfen. Der FC Bayern München hat einen Hoeneß-Nachfolger gefunden.
BERLIN/MÜNCHEN dpa/afp | Nach dem Urteil gegen Ex-FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kündigt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble strengere Regeln für die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung an. „Gemeinsam mit den Ländern wollen wir die Voraussetzungen für die Strafbefreiung weiter verschärfen“, sagte der CDU-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. So solle der Strafzuschlag von fünf Prozent, der bei hinterzogenen Steuern über 50.000 Euro fällig wird, noch einmal erhöht werden.
Schäuble kündigte an, den Zeitraum zu verlängern, für den man in der Selbstanzeige alles offenlegen muss. „Und bei Einkünften aus dem Ausland wollen wir die Verjährungsfrist ausdehnen.“ Die Selbstanzeige als solche solle aber bestehen bleiben. Auch eine Vereinbarung mit der Schweiz zur automatischen Übermittlung von Kontodaten stellte Schäublce in Aussicht. „Das Bankgeheimnis hat in einer Welt der Globalisierung und Digitalisierung seine Funktion immer mehr verloren“, sagte er.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, es sei richtig zu überprüfen, zu welchen Bedingungen das Privileg der straflosen Selbstanzeige für Steuersünder erhalten bleiben solle. „Wir müssen etwa verhindern, dass einige, die reich genug sind, sich freikaufen, indem sie ihr Geld in Steueroasen transferieren“, forderte Maas.
Kauder will den Zuschlag erhöhen
Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, sagte der Welt am Sonntag, die Bedingungen für eine straflose Selbstanzeige müssten noch einmal genau geprüft werden. Bei Steuerhinterziehung über 50.000 Euro bleibt bisher nur straflos, wer einen Zuschlag von fünf Prozent auf die Steuerschuld zahlt. „Dieser Zuschlag sollte erhöht werden“, verlangte Kauder. „Das würde unterstreichen, dass Steuerhinterziehung ein schweres Vergehen gegen die Allgemeinheit ist.“
Auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sprach sich für schärfe Vorschriften bei Selbstanzeigen aus. „Niemand der Finanzminister in Bund und Ländern will an der bestehenden Regelung unverändert festhalten“, sagte er der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. Er sei dafür, dass es direkt vom ersten hinterzogenen Euro an einen Aufschlag bis zu zehn Prozent geben müsste.
Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt warnte davor, als Konsequenz aus dem Prozess gegen Uli Hoeneß die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuerbetrüger grundsätzlich infrage zu stellen. Auch sie sagte aber im SWR, man könne sich „über die Größenordnungen und die Grenzen, die hier gezogen sind, Gedanken machen“.
Grünen-Chefin Simone Peter sagte schließlich der Welt, mindestens so wichtig wie eine Verschärfung der Selbstanzeige sei die Abschaffung des steuerlichen Bankgeheimnisses in Deutschland. „Wäre es der Koalition ernst mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung, müsste Wolfgang Schäuble diese Forderung jetzt umsetzen.“
Hopfner wird neuer Bayern-Chef
Nachfolger von Uli Hoeneß als Präsident des FC Bayern München wird sein bisheriger Stellvertreter, Karl Hopfner. Das sagte das Aufsichtsratsmitglied des Fußballklubs, Helmut Markwort, am Freitagabend dem Bayerischen Fernsehen. Hopfner soll demnach auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 2. Mai gewählt werden. Nach dem Hoeneß-Rücktritt hatte Hopfner bereits kommissarisch die Führung des Clubs übernommen.
Edmund Stoiber, Vorsitzender des Verwaltungsbeirats beim FC Bayern, hält nach der Haftverbüßung von Uli Hoeneß ein Comeback des 62-Jährigen beim Fußball-Rekordmeister für möglich. „Ich würde mich freuen“, sagte Stoiber am Freitagabend im Bayerischen Fernsehen auf die Frage, ob es vorstellbar sei, dass Hoeneß nach der dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung wieder irgendeine Funktion beim FC Bayern übernehmen könnte.
„Eine Türe ist immer offen, und Uli Hoeneß wird immer die Seele des Vereins sein. Was auch immer er machen will, alles ist möglich“, sagte Stoiber nach der Sitzung des Verwaltungsbeirats.
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