Nach der Parlamentswahl in Thailand: Establishment gegen Wahlgewinner
Mit der Wahl des Parlamentssprechers hat in Thailand der Endspurt zur Regierungsbildung begonnen. Die Koalition legt einen holprigen Start hin.
![Pita Limjaroenrat steht in einem hellen Hemd vor Anhängern, im Hintergrund viele Fotografen Pita Limjaroenrat steht in einem hellen Hemd vor Anhängern, im Hintergrund viele Fotografen](https://taz.de/picture/6369173/14/33145561-1.jpeg)
Mit der Wahl des Muslims Wan Muhamad Noor Matha, 77, zum Sprecher hat dann am Dienstag der Endspurt zur Bildung der neuen Regierung begonnen. Voraussichtlich noch im Juli werden das Repräsentantenhaus und der Senat zusammen den Premierminister wählen. Ob der charismatische 42-jährige Pita, dessen MFP aus der Parlamentswahl im Mai überraschend als stärkste Kraft hervorgegangen war, tatsächlich neuer Regierungschef wird, steht aber noch in den Sternen.
Seine Koalition aus acht Parteien hat zwar 312 der 500 Sitze im Repräsentantenhaus. Premierminister kann aber nur werden, wer von der Mehrheit beider Kammern gewählt wird. Den 250 Senatoren geht aber das erklärte Ziel der MFP gegen den Strich, das Gesetz gegen Majestätsbeleidung zu reformieren und alle Militärs aus der Politik zu entfernen. Der Senat ist vom Militär ernannt. „Es ist nicht unser Job, auf das Volk zu hören“, sagte Senator Prapanth Koonmee gegenüber thailändischen Medien.
Khun Toto Piyarat Chongthep war einer der 500 neuen Abgeordneten, die bei der Eröffnung des Parlaments in ihren goldbetressten weißen Uniformen vor dem König standen. Den Konflikt zwischen seiner MFP und PT um den Parlamentssprecher durfte Khun Toto als einfacher Abgeordneter gegenüber der taz nicht kommentieren, seine persönlichen Gefühle aber schon. „Heute ist mein erster Tag als Abgeordneter. Ich habe das Gefühl, dass ich eine schwere Last trage, die Erwartungen der Menschen zu erfüllen“, sagte Khun Toto, der bei den Jugenddemonstrationen für Demokratie und Reformen im Jahr 2020 einer der prominenten Aktivisten war.
Der neue Premier stößt auf massiven Widerstand beim Militär
Wie es weitergeht, ist absolut offen. Schon laufen erste gerichtliche Klagen gegen Pita, weil er als Nachlassverwalter seines verstorbenen Vaters Aktien des Medienunternehmens iTV gehalten hat – das jedoch schon seit vielen Jahren seinen Betrieb eingestellt hat. Das Wahlrecht verbietet Politikern jedoch, Anteile an Medienunternehmen zu besitzen.
Auch eine Auflösung der MFP wegen ihres angeblichen Ziels der Abschaffung der Monarchie ist nicht ausgeschlossen. „Obwohl die Wahrscheinlichkeit der Parteiauflösung derzeit gering ist, kann sich dies in Zukunft schnell ändern“, heißt es in einem aktuellen Briefing-Papier der Thailändischen Anwälte für Menschenrechte (THLR). „Nach Stand der Dinge wird jeder ernsthafte juristische Angriff gegen Pita erfolgen, nachdem er zum Premierminister gewählt oder (offiziell) nominiert wurde“, heißt es in dem Papier weiter.
Die THLR befürchtet eine weitere Phase der politischen Instabilität Thailands. „Wenn die Regierungsbildung der MFP durch die Senatsmehrheit blockiert wird, könnte es zu Unruhen und Demonstrationen kommen, die niedergeschlagen werden. Die Öffentlichkeit ist der Meinung, dass durch diese Taktik das Wahlergebnis aufgehoben werden soll.“
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