Nach der Kapitulation von Bergkarabach: Aserbaidschans Pläne mit Erdoğan
Türkeis Präsident trifft sein aserisches Pendant in Nachitschewan. Das Thema: der befürchtete Sangesur-Korridor durch armenisches Gebiet.
Während die armenische Bevölkerung aus Karabach flieht, diskutierten die beiden Sieger den nächsten Schritt: einen Korridor durch Südarmenien, der Nachitschewan mit dem aserbaidschanischen Kernland verbinden und so auch eine durchgehende Verbindung von der Türkei nach Baku ermöglichen würde. Da dieser Korridor noch nicht existiert, soll eine Pipeline nach Nachitschewan gebaut werden, um die Exklave mit aserischem Gas zu versorgen. Außerdem will die Türkei dort einen Truppenstützpunkt einrichten.
Alijew beklagte eingangs, dass Nachitschewan jahrelang von Armenien boykottiert worden sei, bis die Exklave Gas und Elektrizität aus dem Iran beziehen konnte.
Es war der erste Besuch Erdogans in Nachitschewan seit 14 Jahren und hatte hohe symbolische Bedeutung. Nach einmal bekräftigte Alijew, dass „die Terroristen“ in Bergkarabach sich ergeben haben und alle anderen ethnischen Armenier als normale Bürger Aserbaidschans integriert werden sollen. Man liefere bereits Lebensmittel, andere Güter des täglichen Bedarfs und Benzin und Diesel. Auf die armenische Forderung, UNO-Blauhelme in Karabach zu stationieren ging Alijew nicht ein.
Türkische Medien: Sangesur-Korridor sei notwendig
Alijew beschwor die guten wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei die weiter ausgebaut werden sollen. Erdoğan beschränkte sich bei seiner öffentlichen Stellungnahme auf Allgemeines zur wirtschaftlichen Unterstützung Nachitschewans.
Während die türkischen Medien den ganzen Tag über die Notwendigkeit des sogenannten Sangesur-Korridors von Nachitschewan nach Aserbaidschan durch armenisches Staatsgebiet beschworen, gratulierte Erdoğan seinen Kollegen erst einmal dafür, dass sie nun die Souveränität über ihr Staatsgebiet wiederhergestellt hätten.
Hinter den Kulissen drängt Erdoğan auf einen Gipfel mit Russlands Wladimir Putin, Alijew, Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan und ihm selbst, um einen dauerhaften Frieden zu beraten. Zunächst einmal soll aber in Spanien ein Treffen der beiden Kaukasus-Präsidenten mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Kanzler Olaf Scholz und den Spitzen der Europäischen Union stattfinden. Für die armenische Bevölkerung von Karabach dürfte das allerdings zu spät kommen.
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