piwik no script img

Nach der Bremen-WahlGrüne sehen sich im Roten Rathaus

Nach dem Grünen-Erfolg in Bremen sieht sich Renate Künast schon im Roten Rathaus - und Klaus Wowereit warnt vor ihr. Auch die Linke hat ein Grünen-Problem.

Renate Künast, hier rechts im Bild, sieht in Bremen ein Signal für Berlin. Bild: dapd, Joerg Sarbach

Das grüne Selbstbewusstsein in Berlin gerät nach der Bremen-Wahl immer mehr in den roten Bereich: Renate Künast, grüne Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im September, hat die Gewinne ihrer Partei an der Weser als deutliches Signal gewertet, auch an der Spree punkten zu können. Ihr Wahlziel, am 18. September "ganz vorn zu landen und stärkste Kraft zu werden", sei noch näher gerückt, verkündete Künast am Montag.

Die Grünen hätten bewiesen, dass nicht nur ihre Themen bei den Wählern angenommen würden, sondern ihre Kandidaten - wie in Stuttgart - ein Ministerpräsidentenamt "ausfüllen können". Dies müsse in der Hauptstadt fortgesetzt werden, so Künast. "Der Trend geht dahin, dass Grüne Verantwortung für eine ganze Stadt und ein Land übernehmen." Die Grünen hatten in Bremen am Sonntag rund sechs Prozentpunkte (auf 22,5 Prozent der Stimmen) zugelegt. Umfragen sehen sie in Berlin mit knapp 30 Prozent vorn.

Klaus Wowereit reagierte auf das Ergebnis der Bremen-Wahl - trotz des "deutlichen und erfreulichen" SPD-Sieges (38,8 Prozent) - nervöser als sonst: Der Regierende Bürgermeister und SPD-Spitzenkandidat warnte eindringlich vor einer Stimmabgabe für die Grünen und einem grün-schwarzen Bündnis.

Zugleich räumte Wowereit ein, dass die Grünen mit ihrer Kandidatin Künast und ihren Kernthemen Atomausstieg und Ökologie "eine ernst zu nehmende Konkurrenz" für die SPD geworden seien. Nach seiner Ansicht sind die Grünen aber schlagbar, wenn die Sozialdemokraten im Wahlkampf ihre eigenen Themen und ihre Regierungsarbeit wieder stärker in den Blickpunkt rückten.

Fraktionschef Udo Wolf und der Linken-Landesgeschäftsführer Carsten Schatz sehen in den Verlusten der eigenen Partei in Bremen (6,4) keine Auswirkungen für die Berlin-Wahl (s. Interview). Schatz räumte gegenüber der taz zwar ein, es sei für die Linke schwieriger geworden, gegen die "großen grünen Themen" Boden gut zu machen. Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im Herbst würden aber "zentrale stadtpolitische Themen wie die Rekommunalisierung, der öffentliche Beschäftigungssektor, Mieten oder die S-Bahn-Neuausschreibung" große Bedeutung erhalten. Dem werde die Linke "Gewicht geben und sich damit gegenüber der SPD und den Grünen bemerkbar machen", kündigte Schatz an.

Während Frank Henkel, örtlicher CDU-Spitzenkandidat, für eine Stellungnahme zum Bremer Wahldesaster (20,1 Prozent) nicht zu erreichen war, sprach Christoph Meyer, Berliner FDP-Landeschef, von einem "bitteren Ergebnis" für die Liberalen (2,5 Prozent). Obwohl er die Ursachen für die Bremer Niederlage nicht auf Berlin übertragen wollte, kündigte er an, dass die Partei im Herbst massive Anstrengungen unternehmen müsse. Die FDP, so Meyer zur taz, müsse "aus dem Vertrauenstief und aus dem Sog herauskommen".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • JG
    Johannes Große Boymann

    Nach unserem Eindruck wird sowohl von den Grünen als auch von den Medien die Dimension des durch das unsägliche Buch des Thilo Sarrazin in die öffentliche Debatte gedrungene Problem nur personalisiert diskutiert und nicht in seiner ganzen Dimension erfasst.

    Unsere These: Der Sarrazinismus ist die handlungsleitende Ideologie der führenden Kräften von SPD und der Linken in der rot-roten Koalition in Berlin. Vorneweg sorgt Jürgen Zöllner als der Generallismus des Sarrazinismus dafür, dass die Bildungspolitik in dieser Stadt so abgewickelt wird, dass die meisten MigrantenKids nicht schlau werden. Man muss sich dazu nur das Organigramm seiner Verwaltung anschauen: auf den ersten Blick ist nicht eine der dort aufgeführten Personen eindeutig als Person mit Migrationshintergrund zu erkennen, wohin gegen die Schülerschaft zu mehr als 50% aus MigrantInnen besteht. Im Endeffekt organisiert Jürgen Zöllner und seine Amtscamarilla die Bildungsergebnisse, die Thilo Sarrazin dann zu Tabellen verarbeitet und seiner eindimensionalen Betrachtung des Migrantenproblems nachzugehen. Thilo Sarrazin betreibt schlicht „Migrantenbetrachtung durch Tabellenbetrachtung“ und zieht aus dieser unredlichen Verkürzung der beschreibaren Wirklichkeit Schlüsse, die intellektuell schwachsinnig sind und die Chuzpe einer ignoranten sozialen Arroganz tragen, wie sie unter den Neue-Dreistigkeits-Sozialdemokraten aus der SPD-Gruppierung um Sarrazin Gang und Gebe ist.

    Diese Gruppe des Sarrazinismus ist in der Führungsebene der rot-roten Koalition die tonangebende Gruppe. Wenn es im anstehenden Wahlkampf gelingt diese Dimension des Sarrazinismus deutlich in die Öffentlichkeit zu transportieren, dann sehen wir die Chance, dass die Chancen von SPD und der Linken auf eine weitere Regierungsbeteiligung pulverisiert werden können.

    Für dieses Anliegen werden wir als e.in – Energie in uns e.V. im anstehenden Wahlkampf streiten.

    Johannes Große Boymann

    Geschäftsführer e.in

  • T
    tiger

    "Die FDP, so Meyer zur taz, müsse 'aus dem Vertrauenstief und aus dem Sog herauskommen'."

     

    Muß sie das? Oder gilt für sie nicht vielmehr:

    "Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus!"

  • D
    Don

    Pfui,werft den Wowereit aus dem Rathaus,aber bitte lasst die Künast nich rein.