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Nach der Brandenburg-WahlDie CDU hat strategisch versagt

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Die Konservativen haben dazu beigetragen, dass die AfD so stark wurde. Sie werden unter Merz ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, nach der Landtagswahl in Brandenburg am 23.09.2024 Foto: Sebastian Gollnow/dpa

D ie CDU habe es eingepreist, dass sie in Brandenburg abschiffen werde, heißt es. Tatsächlich hatte es zur Landtagswahl sogar ein wenig Mobilisierung der CDU zugunsten von Dietmar Woidke und seiner SPD gegeben: Sammelt euch hinter dem, damit er stärker wird als die AfD! Na gut, der Teil hat geklappt. Doch unterm Strich hat die Strategie der CDU dazu beigetragen, dass sich das Ergebnis der Brandenburg-Wahl nur als desaströs bezeichnen lassen kann. Schlimmer noch: Das Verhalten der CDU beweist, dass sie insgesamt nicht geeignet ist, der Republik aus der Rechtsextremismus-Krise zu helfen.

Die CDU hat auch in Brandenburg den Vorsänger im „Die Grünen sind unser Untergang“-Chor gegeben und dadurch die Grünen mit aus dem Landesparlament gekegelt. Damit aber hat sie erstens der AfD die Sperrminorität verschafft. Zweitens zerschießt sich die CDU durch solche Manöver auch die eigenen Koalitionspartner und -optionen.

Drittens hat sie mit dafür gesorgt, dass jetzt SPD und Wagenknecht-Bündnis gemeinsam regieren müssen – ob in Koalition oder in Duldung. Mit einer derart starken AfD in der Opposition und der populistischen Wagenknecht-Truppe in Verantwortung aber wird in den kommenden fünf Jahren in Brandenburg nichts passieren, was der Demokratie hilft – und nein, auch die CDU wird davon am Ende kaum profitieren.

Es ist nicht allein die Schuld der Union, dass mit der AfD eine Partei aufgestiegen ist, die nichts anderes kann und tut, als schlechte Gefühle zu bewirtschaften. Das Verhältniswahlrecht kann die Konstellation „alle DemokratInnen gegen die AfD“ außerdem schlecht austarieren; das Zutrauen in die Demokratie leidet unter dieser Polarisierung. CDU und CSU kommt aber eine zentrale Rolle dabei zu, die liberal-rechtsstaatliche Demokratie zusammenzuhalten – mit Glück erinnert sie sich auch bald wieder daran, dass der Erhalt der Lebensgrundlagen schon mal ihr Ziel war.

Nichts aber weist aktuell darauf hin, dass die Union dieser Verantwortung gerecht zu werden vermag. Erst recht nicht unter einem Friedrich Merz.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.