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Nach den Wahlen in KeniaOpposition protestiert weiter

Nach den schweren Unruhen will Oppositionsführer Raila Odinga seine Niederlage nicht akzeptieren. Aber das Land beruhigt sich.

Raila Odinga lässt sich feiern: Maathare, Nairobi, Sonntag Foto: reuters

Nairobi taz | Trotz internationaler Appelle zur Zurückhaltung hat der bei der Präsidentenwahl in Kenia unterlegene Oppositionskandidat Raila Odinga seine Anhänger zu weiteren Protesten aufgerufen. In einer Rede vor 4.000 Menschen sagte Odinga am Sonntag in Nairobi, die siegreiche Regierungspartei habe das Blut unschuldiger Menschen vergossen, und rief zu eintägigen Arbeitsniederlegungen am Montag auf. „Morgen gibt es nichts zu arbeiten“, sagte Odinga.

Zwar rief Odinga in Kibera, einem Armenviertel in Nairobi, auch dazu auf, Ruhe zu bewahren, aber gleich nach seiner Anrede bauten jüngeren Anhänger der Opposition wieder Barrikaden und griffen die Polizei mit Steinen an.

Bei der Niederschlagung von Protesten gegen das Wahlergebnis waren in den vergangenen Tagen der Opposition zufolge mehr als 100 Menschen getötet worden. Amtsinhaber Uhuru Kenyatta hatte die Wahl vom Dienstag nach offiziellen Angaben gewonnen. Sein Her­ausforderer Odinga erhob jedoch Manipulationsvorwürfe.

Die von der Opposition genannten Opferzahlen werden von unabhängiger Seite nicht bestätigt. Bei den Protesten wurden nach Angaben einer Menschenrechtsgruppe mindestens 24 Menschen durch Schüsse der Polizei getötet, dar­unter ein neunjähriges Mädchen. Odinga sagte aber, es gebe „ein Komplott, unsere Anhänger zu töten“. Für Dienstag kündigte er eine weitere wichtige Bekanntmachung an.

Tränengas und Schüsse

Am Sonntag hatte sich die Lage ein wenig beruhigt. Auch in Gegenden, in denen es tags zuvor zu Gewalt kam, nahmen viele Menschen an Gottesdiensten teil und beteten für den Frieden. In manchen Straßen pa­trouillierte Polizei. Auch am Montag wurde Odingas Streikaufruf Berichten zufolge nur wenig befolgt.

Die Krawalle fanden in Armenvierteln in der Hauptstadt Nairobi und in Kisumu und Siaya, im Westen des Landes, statt, wo die Hochburg der Opposition ist. „Wir laufen uns nur warm. Morgen gehen wir zum Präsidentenpalast, und dann können sie uns töten“, rief aufgeregt der 18-jährige Felix Odour, während er vor der Polizei in Kibera wegrannte.

Morgen gibt es keine ArbeitOppositionsführer Raila Odinga

Die nationale Menschenrechtsorganisation KNCHR erklärte, dass die Polizei „rechtswidrig übermäßige Gewalt eingesetzt hat während der Ausschreitungen“. Die Polizei schoss scharf und mit Tränengas, um Gruppen junger Männer mit Stöcken und Steinen auseinanderzutreiben.

Amnesty International fordert eine Untersuchung nach den Tötungen der letzten drei Tage. Nach Angaben des Roten Kreuzes sind ungefähr hundert Menschen verletzt worden. Einige Journalisten sagen, dass die Polizei mit Absicht Tränengas in ihrer Richtung geschossen und Repräsentanten der Medien schikaniert habe.

Beobachter sehen keinen Betrug

Die Oppositionskoalition NASA akzeptiert das am Freitag abend verkündete Ergebnis der Präsidentenwahlen bislang nicht, wonach Kenyatta 54,2 Prozent und Oppositionsführer Raila Odinga 44,9 Prozent der Stimmen erhielt. Die Opposition geht von Betrügereien bei der Zusammenzählung der lokalen Einzelergebnissen aus. Aber die unabhängige nationale Beobachtergruppe Elog, die mit 8.300 Vertretern im ganzen Land die Wahl kontrollierte, kam zu denselben Ergebnissen wie die offizielle Wahlkommission IEBC.

Die Opposition hält ELOG nun nicht mehr für unabhängig. Auch die internationalen Wahlbeobachter haben jedoch erklärt, dass die Wahl ordnungsgemäß verlaufen ist.

Als Odinga 2013 die letzten Wahlen gegen Kenyatta verloren hatte, war die Opposition vor Gericht gezogen. Damals lag das Wahlergebnis der beiden Kandidaten nah beieinander. Aber die Richter erklärten, dass die Wahlen ordnungsgemäß verlaufen seien. Seitdem hat die Opposition jedes Vertrauen in die Gerichte verloren.

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