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Nach den Panama PapersWhistleblower meldet sich zu Wort

Erstmals meldet sich die Quelle, von der die vertraulichen Unterlagen kommen. Der Whistleblower fordert Konsequenzen für die Hintermänner.

Wer der Whistleblower „John Doe“ ist und wie er an die Daten kam, ist weiterhin unbekannt Foto: dpa

München/Panama-Stadt dpa | Einen Monat nach der Veröffentlichung der „Panama Papers“ hat sich erstmals der verantwortliche Whistleblower zu Wort gemeldet. Die anonyme Quelle, die sich „John Doe“ nennt, hatte der „Süddeutschen Zeitung“ Informationen über rund 200.000 von der panamischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen zugespielt. In einem am Freitag veröffentlichten Manifest begründet der Whistleblower sein Vorgehen.

Auch wenn Briefkastenfirmen nicht immer illegal seien, dienten sie häufig dazu, Verbrechen zu begehen, schrieb „John Doe“ in der „Süddeutschen Zeitung“. „Ich habe mich dazu entschlossen, Mossack Fonseca dem Urteil der Weltöffentlichkeit auszusetzen, weil ich der Meinung bin, dass die Kanzleigründer, Angestellten und Kunden für ihre Rolle bei diesen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollten.“

Die Veröffentlichung der „Panama Papers“ führte zu Ermittlungen auf der ganzen Welt und einer internationalen Debatte über Steueroasen und Geldwäsche. Mossack Fonseca betonte immer wieder, sich an die Gesetze zu halten. In den Briefkastenfirmen der Kanzlei sollen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben. Panama geriet wegen seiner liberalen Finanzgesetze erneut in die Kritik. Islands Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson trat wegen der Enthüllungen über Briefkastenfirmen zurück.

In seinem Manifest wettert „John Doe“ gegen Justiz, Politik und Medien. Alle hätten im Kampf gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Korruption versagt. „Die Auswirkungen dieses vielfachen Versagens führen zum ethischen Niedergang unserer Gesellschaft und letztlich zu einem neuen System, das wir noch Kapitalismus nennen, das aber in Wahrheit ökonomisches Sklaventum ist“, schreibt der Whistleblower. „Das weltweite Schadensausmaß sollte uns alle wach rütteln“.

Um wen es sich bei der Quelle handelt, blieb weiter unklar. Er arbeitete weder für eine Regierung noch einen Geheimdienst, schrieb „John Doe“. Er sei jedoch bereit, im Rahmen seiner Möglichkeiten mit den Behörden zu kooperieren. Bei der „Süddeutschen Zeitung“ heißt es, die Redakteure hätten den Whistleblower nie persönlich getroffen und mit ihm über einen verschlüsselten Chat kommuniziert.

Auch wie „John Doe“ an die 2,6 Terabyte vertrauliche Daten der Kanzlei gelangen konnte, ist weiter offen. Mossack Fonseca vermutet einen Hackerangriff auf seine Server und hat Strafantrag wegen Datendiebstahls gestellt. IT-Experten bezweifeln allerdings, dass eine so große Datenmenge von außen gestohlen werden konnte.

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5 Kommentare

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  • Auch wenn Briefkastenfirmen nicht immer illegal seien, dienten sie häufig dazu, Verbrechen zu begehen.

     

    Es gibt z.B. bestimmte Gesetze die etwas verbieten. Es gibt aber auch Möglichkeiten, wie man diese Gesätze fast legal umgeht. Am Ende sind z.B. die Steuerzahler "die Dummen"! Einige Gründer von Briefkastenfirmen denken sich auch dabei: "Was nicht explizit verboten ist, kann getan werden, obgleich unmoralische und unverantwortliche Handlungen abei dem Volk und dem Land angetan werden."

  • So lange, wie wir es tolerieren, dass in der wirtschaftlichen, politischen und juristischen Praxis die Umtriebe der Klientel- und Lobbyinteressenvertretungsdemokratur massgeblich sind, die sich auf die Grundlagen der Plutocracy und der Plutonomy (siehe Publikationen der Citigroup Corporation, N.Y, 2005/2006) stützen, so lange werden wir die Entwicklung zum Banditismus, Ganovismus und Gangsterismus speziell in den wohlhabenden Kreisen unserer Gesellschaft erdulden müssen.

     

    Die Antwort auf diesen modernen Herrenmenschentotalitarismus finden wir allerding auch in den Grundsätzen und Prinzipien, die von W. Eucken, A. Müller-Armack und L. Erhard als Antwort auf den Totalitarismus der Nazis und der Stalinisten nachlesen können.

     

    Aber das ist wohl den meisten von uns zu mühsam.

  • Diesen Leuten hätte man den Karlspreis verleihen sollen.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ich schlage vor, Obama und der EU die Friedensnobelpreise sofort zu entziehen und sie den Whistleblowern zu übergeben. Snowden, 'John Doe', die TTIP-Veröffentlicher (und die Presse) haben so viel Gutes getan gegen staatliche Willkür, Geheimniskrämerei, Unrecht, Ausspähung, daß dies endlich gewürdigt werden muss. Das wäre ein Signal für das Friedensnobelpreiskomitee, wieder einmal die Menschen zu würdigen, die den Preis verdient haben. Obama und die EU waren Fehlentscheidungen.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      "… Obama und die EU waren Fehlentscheidungen."

      Stimmt - einfach - zu Nobel!