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Nach dem UnabhängigkeitsreferendumAmnestie für Kataloniens Puigdemont verweigert

Der Ex-Präsident der spanischen Region bleibt der Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt, entscheidet die Berufungsinstanz des obersten Gerichtshofs.

In Katalonien betrachten viele die Anklage gegen Puigdemont als unrechtmäßig – wie hier bei einem Protest in Barcelona 2024 Foto: Paco Freire/imago

Madrid taz | Der oberste Gerichtshof Spa­niens verweigert dem ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont endgültig die Amnestie. Die Berufungsinstanz am obersten Gericht wies alle Einsprüche zurück und bestätigte damit: Der im Brüsseler Exil lebende Politiker ist weiterhin wegen „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ angeklagt und bleibt somit zur Fahndung ausgeschrieben. Dieser Beschluss versperrt dem 62-Jährigen somit auch den Weg der Rückkehr in seine Heimat. Zwei weiteren Politikern, die damals unter Puigdemont Minister waren, wird die Amnestie ebenfalls verweigert.

Die Berufungsinstanz des obersten Gerichtshofs sieht – ebenso wie der zuständige Richter Pablo Llarena, der vergangenen Juli die Amnestie ablehnte – den Tatbestand der „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ gegeben. Eigentlich sollte dies nur dann eine Amnestie verhindern, wenn das Geld zur persönlichen Bereicherung genutzt wurde. Der oberste Gerichtshof sieht dies gegeben und argumentiert so: Puigdemont und die anderen beiden Politiker hätten die „Kosten“ der von Madrid einst untersagten Unabhängigkeitsabstimmung aus öffentlichen Konten bestritten. Daran habe aber kein „öffentliches Interesse“ bestanden.

Für den obersten Gerichtshof besteht somit „ein finan­ziel­ler Vorteil persönlicher Art“, da ohne öffentliche Finanzierung des Referendums dessen Vorbereitung und Durchführung von den Aktivisten selbst hätte bezahlt werden müssen. Die Berufungsinstanz kam zu dem Schluss, dass der Tatbestand der Veruntreuung zum persönlichen Vorteil „sowohl die Vermögens­vermehrung als auch die Nichtbegleichung von Verbindlichkeiten“ umfasst.

„Ein Subjekt profitiert finanziell, wenn sein Vermögen zunimmt. Aber auch, wenn sein Vermögen nicht abnimmt, weil seine Verpflichtungen unrechtmäßig aus öffentlichen Mitteln bestritten werden“, erklären die Richter.

Die Argumentation verstößt gegen den Willen der Gesetzgeber

Verteidiger von Puigdemont

Puigdemont und seine beiden Weggefährten hätten „in diesem Fall finanziell profitiert, indem sie das illegale politische Projekt persönlich förderten und die Kosten an die Regionalverwaltung weitergaben, ohne dass diese Initiative irgendeinem öffentlichen Interesse diente“. Das reiche, um ihnen die Amnestie im Zusammenhang mit ihrer Rolle bei dem Referendum zu verweigern.

Die Verteidiger der drei Politiker sehen darin eine Argumentation, die „gegen den Willen der Gesetzgeber verstößt“. Auch die Staatsanwältin Ángeles Sánchez Conde hatte gefordert, den Widersprüchen stattzugeben und die drei zu amnestieren. Für sie hat der oberste Gerichtshof „frei erfunden“, dass die Angeklagten sich durch Griff in die Staatskasse zur Organisation des illegalen Referendums vom 1. Oktober 2017 in Rechnung bereichert hätten.

Über 150 Menschen haben bisher Amnestie erhalten

Puigdemont und seinen beiden Gefährten bleibt jetzt nur noch der Weg vor das spanische Verfassungsgericht. Dies muss in den kommenden Wochen erst einmal klären, ob die Anwendung des Amnestiegesetzes für die Beteiligten am Unabhängigkeitsreferendums überhaupt verfassungsgemäß ist.

Über 150 Menschen wurden im Zusammenhang mit dem Referendum bisher amnestiert. Mehr als die Hälfte sind Polizeibeamte, die an jenem Oktobertag brutal gegen diejenigen vorgingen, die zur Abstimmung anstanden. Insgesamt geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass rund 500 Personen in den Genuss einer Amnestie kommen können.

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1 Kommentar

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  • In Deutschland wurde der ehemalige Rheinland Pfalz Finanzminister Ingolf Deubel wegen Untreue für 3 1/2 Jahre ins Gefängnis. Er selbst hat sich auch nicht bereichert. dabei ging es um denn Ausbau des Nürnburgrings zu einem Freizeit und Buisneszentrum. Für den gab es auch keine Amnestie.

    In Spanien hatte der oberste Gerichtshof eine Volksbefragung in Katalonien untersagt. Laut geltendem spanischen Recht wäre/ist das nur landesweit möglich. Herr Puigdemont hat trotzdem eine Befragung auf Kosten der Steuerzahler durchführen lassen.

    In Deutschland ist es überhaupt nich möglich das sich Zb. Bayern von der Bundesreplubik abspaltet. Ein bayrisches Volksbegehren auf Kosten der Steuerzahler wäre hier auch nicht gestattet.