Nach dem Tod des Altkanzlers: Europäischer Staatsakt für Kohl
EU-Kommissionspräsident Juncker regt eine besondere Form der Ehrung für den verstorbenen Helmut Kohl an. Es wäre die erste dieser Art in der Geschichte der EU.
Juncker begründet die Initiative in der Bild am Sonntag damit, dass Kohl einer von nur drei europäischen Ehrenbürgern war – neben dem europäischen Gründervater Jean Monnet und dem früheren Kommissionspräsidenten Jacques Delors – sowie Wegbereiter des Euro. Auch sei es Kohls Wunsch gewesen, hieß es in Brüssel. An dem Staatsakt sollen EU-Spitzenvertreter und politische Weggefährten Kohls teilnehmen.
Die Details würden nun ausgearbeitet und ein Termin gesucht, sagte die Sprecherin. Informationen der Bild am Sonntag, wonach Kohls Leichnam nach dem Staatsakt mit dem Schiff über den Rhein zur Totenmesse in seine rheinland-pfälzische Heimat nach Speyer gebracht werden soll, bestätigte sie nicht. Die Organisation beginne erst, sagte sie.
Selbstverständlich wäre das Land sehr geehrt, wenn eine solche Zeremonie in Kohls rheinland-pfälzischer Heimat stattfinden würde, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) im ZDF. „Aber es ist genauso klar, dass die Familie dazu das letzte Wort hat.“ Im Speyerer Dom war im Juli 2001 auch die Totenmesse für Kohls erste Frau Hannelore gehalten worden, die an einer Lichtallergie gelitten und sich das Leben genommen hatte.
Zunächst in Oggersheim aufgebahrt
Die Bundesregierung äußerte sich zunächst nicht zu den Trauerfeierlichkeiten für Kohl. Auch aus dem Bundespräsidialamt hieß es am Sonntag lediglich, man warte zunächst die weitere Entwicklung ab. Kohl sollte zunächst in seinem Haus in Oggersheim aufgebahrt bleiben.
Der Altkanzler war am Freitag im Alter von 87 Jahren in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim gestorben, in dem er mit seiner zweiten Frau Maike Kohl-Richter lebte. Kohls Söhne Walter und Peter hatten in den vergangenen Jahren kaum noch Zugang zu ihrem Vater – Walter Kohl erfuhr aus dem Radio vom Tod seines Vaters. Die Tür in Oggersheim öffnete ihm am Abend der frühere Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, ein langjähriger Vertrauter Kohls und Trauzeuge bei dessen Heirat mit Maike Richter 2008.
Der frühere EU-Parlamentspräsident und jetzige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sowie EU-Kommissar Günther Oettinger und auch die FDP begrüßten den Vorstoß Junckers für einen europäischen Staatsakt. Oettinger sagte der dpa in Brüssel, Kohl sei nicht nur deutscher Bundeskanzler, sondern auch der wichtigste Mann im Europäischen Rat gewesen. Schulz nannte Kohl eine „Jahrhundertgestalt“.
Mit Kondolenzbüchern, Trauerbeflaggung und Gedenkwachen wird in ganz Deutschland an Kohl erinnert. Die CDU legte in ihrer Zentrale in Berlin ein Kondolenzbuch aus und richtete ein weiteres im Internet ein. Seit Sonntag liegt auch im Bundeskanzleramt ein Kondolenzbuch aus, ebenso wie in der Mainzer Staatskanzlei. Der frühere SPD- Vorsitzende und –Kanzlerkandidat Rudolf Scharping plädierte in der Welt am Sonntag dafür, Straßen und Plätze nach Helmut Kohl zu benennen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft will am Montag beim Auftakt zum Confederations Cup gegen Australien mit Trauerflor spielen.
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