piwik no script img

Nach dem Terrorangriff in FrankreichMacron verspricht Entschlossenheit

Nach dem Angriff in Carcassonne werden nun die Hintergründe ermittelt. Jetzt erlag auch ein Polizist seinen Verletzungen.

„Absolute Entschlossenheit“: Präsident Emmanuel Macron nach dem Angriff Foto: dpa

Carcassonne dpa | Nach dem mutmaßlichen islamistischen Terroranschlag in Südfrankreich untersuchen die Ermittler die Hintergründe. Es soll insbesondere aufgeklärt werden, ob der 25-jährige Angreifer Mitwisser oder Unterstützer hatte. Auch die Herkunft seiner Waffe solle untersucht werden, sagte Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins am Freitagabend. Eine Frau aus dem Umfeld des Täters wurde in Polizeigewahrsam genommen.

Radouane L. hatte am Freitag bei mehreren Attacken in der Region Carcassonne insgesamt drei Menschen erschossen, 16 weitere wurden verletzt. Zudem nahm er Geiseln in einem Supermarkt. Nach stundenlangem Drama erschossen Spezialkräfte der Polizei den Angreifer, der sich als „Soldat“ der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bezeichnet hatte. Der IS hatte die Attacken anschließend für sich reklamiert.

„Unser Land hat einen islamistischen Terroranschlag erlitten“, sagte Staatspräsident Emmanuel Macron am Abend in Paris. Er versprach den Franzosen seine „absolute Entschlossenheit“ für den Kampf gegen den Terrorismus.

Der Angreifer hatte Vorstrafen wegen kleinerer Delikte, auch eine kurze Haftstrafe saß er ab. Die Behörden hatten ihn aber auch seit Jahren wegen möglicher Radikalisierung in einer Datenbank erfasst. 2016 und 2017 wurde er deshalb sogar überprüft – wobei nicht bekannt ist, in welcher Form. Molins sagte aber, dabei hätten sich keine Anzeichen ergeben, die hätten vermuten lassen, dass der Mann zu einer Terror-Tat schreiten könnte.

Verstorbener Polizist tauschte sich gegen Geisel ein

Als Held wurde in Frankreich ein Polizist gefeiert, der sich in dem Supermarkt im kleinen Ort Trèbes freiwillig gegen Geiseln eintauschen ließ. „Er hat Leben gerettet“, sagte Staatschef Macron. Der Beamte, der allein mit dem Täter im Supermarkt war, wurde lebensgefährlich verletzt, als dieser aus noch ungeklärten Gründen auf ihn schoss – daraufhin stürmte die Polizei das Gebäude. In der Nacht erlag der Mann seinen Verletzungen.

Vor der Supermarkt-Attacke hatte der Mann einige Kilometer entfernt in Carcassonne bereits einen Menschen getötet und einen weiteren schwer verletzt, als er deren Auto in seine Gewalt brachte. Anschließend schoss er auf Bereitschaftspolizisten, die gerade vom Joggen in ihre Kaserne zurückkamen, und verletzte einen von ihnen an der Schulter.

Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Anschläge. Vor allem die schweren Attacken von Paris 2015 und Nizza 2016 hatten das Land schwer erschüttert – der neue Vorfall weckte auch Erinnerungen an die Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt in Paris vor gut drei Jahren.

Anhaltend hohe Gefahr

In den vergangenen Monaten war es aber ruhig geblieben, auch wenn die Behörden regelmäßig vor einer anhaltend hohen Gefahr warnen. Zuletzt hatte im Oktober ein Angreifer in Marseille zwei Frauen erstochen, auch dabei hatte der IS die Tat für sich reklamiert. Innenminister Collomb hatte Ende Februar berichtet, dass seit Jahrestag zwei Anschläge auf eine Sportstätte und auf Militärkräfte vereitelt worden seien.

Staatsanwalt Molins und Präsident Macron sagten, die terroristische Bedrohung komme inzwischen vor allem von innen. „Das heißt, dass Sie viele Personen haben, die sich selbst radikalisiert haben“, sagte Macron beim EU-Gipfel in Brüssel vor Journalisten. Frankreich sei aber nicht mehr in einer Situation wie vor zwei oder drei Jahren, wo Anschläge in Frankreich vom irakisch-syrischen Kriegsgebiet aus gesteuert worden seien. Die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 waren nach Darstellung der Ermittler von dort aus gelenkt worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Man hat wirklich auch alles gegeben um von Spezialeinheiten erschossen zu werden. Doch jedes mal frage ich mich ob man statt gezielte Kopf oder Lungen Schüsse auch gezielt auf Schulterblatt oder Kniescheibe Schiessen kann so dass er handlungsunfähig erst in die Notaufnahme und dann gerechte strafe und so....

     

    Doch vielleicht wurden in den 90er auch massenweise Bankräuber vor den Geiseln direkt in den Bankfilialien hingerichtet und ich erinnere mich nicht.

    • @Roberto Callerame:

      Der Unterschied zwischen einem Bankräuber und einem religiös motivierten Terroristen auf Selbstmordmission ist, dass ersterer nicht sterben will und relativ rational handelt. Hier gibt es etwas zu verhandeln, bzw. es existiert die Chance, dass die Täter in auswegloser Lage eher aufgeben statt Morden und Sterben. Geiseln zu erschießen liegt nicht im primären Rational des Bankräubers, aber durchaus in dem des Terroristen. Mit anderen Worten: Die Chance, dass Geiseln sterben werden wenn man nicht schnellstmöglich eingreift, bzw. den Täter ausschaltet, d.h. sicher kampfunfähig mach oder tötet, wobei nur die Tötung die notwendige Sicherheit gibt (z.b. Um die zündung eines verdeckten Sprengstoffgürtels oder einer platzierten Bombe durch einen angeschossenen Terroristen zu verhindern) gibt ist sehr viel größer als bei einer Geiselnahme durch Bankräuber.

      Nichtsdestotrotz sollte es immer das Ziel sein, dass wenn man einen mordenden Terroristen ohne Risiko für die Geiseln oder Zivilisten vor Ort und nur geringem Risiko für die Polizisten lebend festnehmen kann, man das auch tut. Denn erstens ist die Polizei keine bestrafende Einheit, die Aufklärung unter „Richtung“ des Täters einordnet, und zweitens ist ein lebender Täter viel wertvoller um etwas über die generelle Bedrohung zu lernen, vielleicht sogar etwas über die Struktur der Organisation der Täter (zur Prävention künftiger Taten oder erfolgreichen Bekämpfung der ganzen Struktur).

      Dieser Fall wird in der Praxis aber kaum eintreten, der notwendige Selbstschutz der Beamten und der Schutz von Zivilisten wird fast immer zur Tötung des Religiösen Attentäters in der aktuellen Situation führen, zumal das ja auch die bevorzugte Wahl des Täters ist zu sterben und er fast alles tun wird um nicht lebend gefasst zu werden - sein Entschluss zu sterben wurde bereits vor der Tat gefasst, und auch das unterscheidet ihn von Bankräubern.

  • Solange Menschen wie Arnaud Beltrame unter uns sind, wird das erbärmliche Gedankengut der Täter keine Chance haben.