Nach dem Messerangriff in Hamburg: Innenpolitiker machen Druck
Welche Lehren sind nach der tödlichen Messerattacke von Hamburg zu ziehen? Vertreter der GroKo fordern einen energischeren Kurs gegen Gefährder.
Hamburg taz | Nach der tödlichen Messerattacke in einem Supermarkt in Hamburg-Barmbek am vergangenen Freitag drängen Politiker der Großen Koalition darauf, den Ausreisedruck auf abgelehnte Asylbewerber zu erhöhen. „Mehr Kompetenzen des Bundes bei der Rückführung“ forderte der CDU-Innenexperte Armin Schuster in der Welt am Sonntag. Auswärtiges Amt und Bundespolizei hätten eine „andere diplomatische Power als die Ausländerbehörde Buxtehude oder Kleve“.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, forderte, dass auf „besonders kooperationsunwillige Länder wirtschaftlicher Druck ausgeübt werden muss, um Rückführungen ihrer Staatsbürger zu ermöglichen.“ CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer regte in der Bild am Sonntag an, Personen, deren islamistische Radikalisierung den Behörden bekannt sei, „aus dem Verkehr“ zu ziehen, „bevor sie Taten begehen“. Linken-Parteichef Bernd Riexinger hingegen warnte vor „gebetsmühlenartigen Rufen nach Gesetzesverschärfungen nach jeder Tat“. Die bestehenden Vorschriften reichten aus.
Der mutmaßliche Täter war laut Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) den Sicherheitsbehörden zwar als Islamist, nicht aber als Dschihadist bekannt. Die Behörden seien nicht zu der „Einschätzung einer unmittelbaren Gefährlichkeit“ gelangt. Der 26-Jährige sitzt nun wegen des Verdachts des vollendeten Mordes sowie fünffachen versuchten Mordes in Untersuchungshaft.
Eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft teilte am Samstag mit, zu seinem Motiv habe der Mann keine Angaben gemacht. Grote hingegen erklärte, es gebe einerseits Hinweise auf islamistische Motive, andererseits aber auch auf eine labile Psyche des Täters. Unklar sei noch, welches der „vorherrschende Antrieb“ war. Der Senator betonte, es werde nun geprüft, ob die Behörden allen Hinweisen nachgegangen seien.
„Mehr Kompetenzen des Bundes bei der Rückführung“
Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen 26-jährigen Palästinenser, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde und 2015 nach Deutschland flüchtete. Er ist ein ausreisepflichtiger abgelehnter Asylbewerber. Der Mann hatte gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren für seine Rückführung mitgewirkt.
Laut LKA-Vizechefin Kathrin Hennings kaufte der Mann am Freitagnachmittag zunächst in dem Supermarkt ein und bezahlte. Später nahm er ein Küchenmesser aus dem Regal und fing unvermittelt an, auf Kunden einzustechen. Danach soll er laut mehrerer Zeugen „Allahu Akbar“ – „Gott ist groß“ – gerufen haben.
Ein 50-Jähriger war bei der Messerattacke ums Leben gekommen, sechs weitere Personen wurden teils schwer verletzt, befinden sich aber inzwischen außer Lebensgefahr. Passanten waren dem flüchtenden Mann gefolgt, hatten ihn aufgehalten und überwältigt. Schließlich wurde er von Zivilfahndern der Polizei festgenommen.
Leser*innenkommentare
lulu schlawiner
Ein unzumutbarer Zustand, dass abgelehnte Asylsuchende mehrer Jahre in diesem Land verbleiben dürfen. Nicht zumutbar für den Steuerzahler, nicht zumutbar für die innere Sicherheit und keine Visitenkarte für einen Rechtsstaat. Wehe ich bezahle meine Gebühr fürs falsch Parken nicht. Das gibt Beugehaft und die letzte Abmahnung landet sogar auf dem Sargdeckel.
christine rölke-sommer
nicht gelesen?
"Der Mann hatte gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren für seine Rückführung mitgewirkt."
wie stellen Sie sich denn abschiebung vor? als verklappung über der nordsee?