Nach dem Massaker in Afghanistan: Taliban künden Vergeltung an

Angela Merkel hat bei einem Kurzbesuch in Afghanistan Zweifel am Abzugstermin der Nato 2014 geäußert. Kabul sieht die strategische Partnerschaft mit den USA gefährdet.

16 Menschen hat ein US-Soldat in Südafghanistan getötet. Bild: dapd

MASAR-I-SCHARIF dpa/rtr | Nach dem Mord an 16 Zivilisten durch einen US-Soldaten in Südafghanistan hat Angela Merkel bei ihrem Blitzbesuch am Hindukusch der afghanischen Regierung kondoliert und Zweifel am Abzugstermin 2014 geäußert. Nach Einschätzung der Regierung in Kabul könnten die Morde negative Auswirkungen auf das geplante Abkommen über eine strategische Partnerschaft mit den USA haben. Die Taliban haben Vergeltung angekündigt.

Das Islamische Emirat versichere den Hinterbliebenen, „dass es sich an den Invasoren und brutalen Mördern für jeden einzelnen Märtyrer rächen wird“, teilten die Aufständischen am Montag auf ihrer Homepage mit. Die Täter würden bestraft werden. Die Opfer hätten keinerlei Bedrohung für die „geisteskranken Amerikaner“ dargestellt.

Vom Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif aus telefonierte Merkel am Montag mit Präsident Hamid Karsai. Dabei drückte sie dem Präsidenten ihr persönliches Beileid und das der deutschen Bevölkerung anlässlich der "schrecklichen Tat des US-Soldaten" aus.

Merkel sicherte Karsai nach Angaben des Regierungssprechers Steffen Seibert zu, die Internationale Schutztruppe Isaf werde alles unternehmen, um die Umstände der Tat aufzuklären. Über den geplanten Termin zum Abzug der Nato-Kampftruppen aus Afghanistan 2014 äußerte sie sich skeptisch.

Der politische Versöhnungsprozess mit Aufständischen wie den Taliban habe zwar einige Fortschritte gemacht, sagte sie bei einem Truppenbesuch im nordafghanischen Masar-i-Scharif am Montag. Er sei aber noch nicht auf einem Stand, bei dem man sagen könne, „wir können heute hier abziehen. Und deshalb kann ich auch noch nicht sagen, schaffen wir das bis 2013/2014. Der Wille ist da, wir wollen das schaffen, und daran wird gearbeitet.“

Ziviler Aufbau „essenziell“

Neben dem politischen Versöhnungsprozess, den die afghanische Regierung vorantreiben müsse, sei auch der zivile Aufbau durch internationale Geber essenziell, sagte Merkel. Ein „Test“ werde die Schließung des deutschen zivil-militärischen Wiederaufbauteams im nordostafghanischen Feisabad im kommenden Oktober werden. „Dann werden die afghanischen Kräfte dort ganz alleine die Verantwortung haben. Und gleichzeitig wollen wir die zivile Aufbauarbeit dort natürlich fortsetzen.“ Dann werde sich zeigen, „ob diese Übergabe in Verantwortung auch wirklich klappt“.

Merkel war am Morgen unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen zu einem nicht angekündigten Besuch in Afghanistan eingetroffen. Im Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Scharif informierte sie sich bei den Soldaten über den Einsatz. Zum Auftakt der Visite gedachte sie am Ehrenhain den in Afghanistan gefallenen Soldaten.

Die Tötung von 16 afghanischen Zivilisten durch einen US-Soldaten könnte nach Einschätzung der Regierung in Kabul negative Auswirkungen auf das geplante Abkommen über eine strategische Partnerschaft beider Ländern haben. Die Unterzeichnung des Abkommens könnte sich verzögern, sagte ein Regierungsvertreter am Montag. Über das Abkommen wird seit mehr als einem Jahr verhandelt. Es soll die Rahmenbedingungen für eine weitere Präsenz der USA in Afghanistan auch nach dem geplanten Abzug der Kampftruppen 2014 schaffen.

Am Sonntag hatte ein US-Soldat in der südafghanischen Provinz Kandahar bei einem mutmaßlichen Amoklauf 16 Dorfbewohner erschossen. Zusammen mit der versehentlichen Verbrennung von Exemplaren des Koran dürfte sich die anti-amerikanische Stimmung im Land noch verschärfen. Viele Afghanen sind der Ansicht, dass es Zeit für die USA und die Nato ist, das Land zu verlassen.

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