Nach dem Laufzeiten-Beschluss der Koalition: Da geht noch was
Der Bundestag hat beschlossen. Doch nun treten Umweltverbände, Wirtschaft und Opposition dagegen an: Im Bundesrat, bei der EU und vor Gericht – mit guten Aussichten.
BERLIN taz | Dass der Bundestag die Atomgesetze beschlossen hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie umgesetzt werden. Opposition, Wirtschaft und Umweltverbände hatten für diesen Fall Klagen angekündigt. Auch die Frage nach einer Beteiligung des Bundesrats ist noch unbeantwortet.
Vertreter der Stadtwerke kündigten unmittelbar nach der Abstimmung eine Kartellbeschwerde bei der EU-Kommission an. "Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke führt zu strukturellen Wettbewerbsnachteilen für Stadtwerke und andere Marktteilnehmer", begründete Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen, diesen Schritt. Nach der Verkündung der Gesetze im Bundesgesetzblatt soll die Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht werden, kündigte Johannes van Bergen, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwäbisch Hall, an.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) findet den neuen Paragrafen 7d der Atomnovelle "in hohem Maße verfassungsrechtlich bedenklich". Die Neuregelung weiche das Gebot der "bestmöglichen Schadensvorsorge" auf und eine Senkung des Sicherheitsniveaus sei zu befürchten. Greenpeace hatte ebenfalls Klagen angekündigt.
Klagen will auch die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat. Laut Bundesregierung muss dieser den vier Gesetzen nicht zustimmen. Juristische Untersuchungen, etwa des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, hatten allerdings das Gegenteil ergeben.
Deswegen wollen Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Brandenburg Verfassungsbeschwerde einlegen. Dies haben sie in einem gemeinsamen Schreiben an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich gemacht, teilte Margit Conrad, die rheinland-pfälzische Umweltministerin (SPD), mit. Die schwarz-gelbe Koalition nehme wissentlich einen Verfassungsbruch in Kauf, beklagte Conrad. Allerdings ist eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erst dann möglich, wenn das Gesetz in Kraft ist.
Die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat steht allerdings auf dünnem Eis. Gelingt es NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nicht, einen Haushalt für das nächste Jahr aufzustellen, muss sie Neuwahlen ausrufen.
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