Nach dem Brand im russischen Kemerowo: Trauer um die Opfer – und Zorn
In Russland gedenken Tausende der Toten der Brandkatastrophe in einem Einkaufszentrum. Viele sind wütend auf die Verantwortlichen.
Nicht nur in der russischen Hauptstadt, sondern landesweit gedachten am Mittwoch Tausende der Opfer des Brands im sibirischen Kemerowo am vergangenen Sonntag. Dort waren in einem Einkaufszentrum offiziellen Angaben zufolge mindestens 64 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Kinder. Bis zum Mittwoch wurden nach Angaben des regionalen Notfallministers Alexander Mamontow 27 Tote identifiziert. Von einigen Dutzend Personen fehlt nach wie vor jede Spur. Daher gehen Mitglieder eines Aktionsbündnisses, das sich spontan in Kemerowo gegründet hat, davon aus, dass die tatsächliche Opferzahl weitaus höher sein dürfte.
Nicht minder tragisch als das Ereignis an sich sind die Begleitumstände. So habe es in der Shopping-Mall „Winterkirsche“ laut Direktorin Julia Bogdanowa nicht ständig einen Zugang zu den Notausgängen gegeben. Nur wenn Feueralarm ausgelöst worden sei, öffneten sich die Türen automatisch. Die Alarmanlage sei aber am Tag des Unglücks außer Betrieb gewesen. Ein Mitarbeiter des Gebäudeschutzes, der mit vier anderen Personen im Zuge von Ermittlungen zu der Brandkatastrophe festgenommen wurde, will die Leitung über die nicht funktionieren Alarmanlage informiert haben.
In der Region Kemerowo wurden am Mittwoch die ersten Opfer beigesetzt. Tags zuvor hatten im Zentrum der Industriestadt Hunderte Menschen aus Wut über die Verletzung von Sicherheitsvorschriften, das Nichtfunktionieren der Alarmanlage und die ungenügende Zahl von Feuerwehrleuten protestiert.
Demonstranten fordern Rücktritt von Regionalgouverneur
Ihr Zorn richtete sich auch gegen den Regionalgouverneur Aman Tulejew, dessen Rücktritt die Demonstranten forderten. In einer Ansprache an die Bewohner hatte Tulejew in Anspielung auf die Demonstration von „bestimmten Kräften, die versuchten die Menschen gegeneinander aufzuhetzen und aus fremden Leid Profit zu schlagen“ gesprochen. Präsident Wladimir Putin hatte am Dienstag in Kemerowo das Unglück auf „kriminelle Nachlässigkeit und Schlamperei“ zurückgeführt.
Mitarbeit: Femida Selimova, Moskau
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert