Nach dem Anschlag: München demonstriert Trauer
Zwei Opfer erlagen Samstag ihren Verletzungen. Forderungen nach Abschiebung werden lauter. Taliban signalisieren Verhandlungsbereitschaft.
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Ein zweijähriges Mädchen und seine 37 Jahre alte Mutter waren bei der Attacke am Donnerstag so schwer verletzt worden, dass sie am Samstag im Krankenhaus starben. Mindestens 37 weitere Menschen wurden verletzt, als ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi fuhr. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat.
„Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat“, heißt es in dem Statement über die verstorbene 37-Jährige. Sie „war aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben“, schreibt die Familie. „Amel ist in Algerien geboren und ist mit vier Jahren nach Deutschland gekommen.“
Söder fordert Konsequenzen
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert als Konsequenz aus dem Attentat sofortige Verhandlungen mit den Taliban. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten ab Montag direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge reden, sagte der CSU-Chef der Bild am Sonntag. „Es braucht jede Woche einen Flug.“ Söder wies darauf hin, dass es allein in Bayern fast 2.000 ausreisepflichtige Afghanen gebe. Knapp 200 von ihnen seien schwere Straftäter.
Der Attentäter von München hatte sich nach Angaben der Behörden zuletzt allerdings rechtmäßig in Deutschland aufgehalten. Wie aus einem Gerichtsurteil gegen die Ablehnung seines Asylantrags aus dem Oktober 2020 hervorgeht, soll er über seine Fluchtgeschichte gelogen haben. Im April 2021 erließ die Stadt München jedoch einen Duldungsbescheid und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits am Samstag die Abschiebung des Attentäters angekündigt. „Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt“, sagte er in München.
Taliban bereit
Ende August 2024 war erstmals seit drei Jahren ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan gestartet. Abgeschoben wurden 28 verurteilte Straftäter, die kein Bleiberecht hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. Die Taliban hatten sich zuletzt offen für eine Zusammenarbeit gezeigt. Dafür wollen die Islamisten jedoch eine konsularische Vertretung in Deutschland. Kritiker warnten in der Vergangenheit vor Gesprächen mit den Islamisten, die international isoliert sind.
Der Anschlag hat unterdessen Demonstranten aus unterschiedlichen Lagern auf die Straße gebracht. Am Königsplatz, nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt, standen sich am Sonntag eine Mahnwache der AfD und eine Kundgebung von Gegnern einer politischen Instrumentalisierung gegenüber. (dpa, taz)
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