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Nach dem Angriff auf Frank MagnitzInterne Querelen in der Bremer AfD

Die eigene Partei beteiligt sich nach dem Angriff auf ihren Landesvorsitzenden nicht am Aufruf zu einer Mahnwache. Ist der Grund die Strafanzeige eines Parteikollegen?

Frank Magnitz nach dem Angriff in einem Bremer AfD-Büro Foto: dpa

Bremen taz | Unter dem Motto „Gegen Lügen und rechte Hetze“ haben am Montag Abend 300 Personen in Bremen demonstriert. Sie wollten eine für denselben Abend vor dem Bremer Theater angekündigte „Mahnwache“ verhindern, die eine Gruppierung unter dem Namen „Demokraten gegen Gewalt“ angemeldet hatte. Dahinter soll angeblich ein „überparteiliches Aktionsbündnis“ stehen. Verschiedene AfD-Kreisverbände hatten zur Teilnahme an der Mahnwache aufgerufen. Dort solle ein „Zeichen für eine gewaltfreie politische Auseinandersetzung“ gesetzt werden – genau an dem Ort, an dem bisher Unbekannte vor einer Woche den Bremer AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz angegriffen hatten.

„In inzwischen erschreckender Regelmäßigkeit kommt es in der politischen Auseinandersetzung zu Gewalt gegen Sachen und Personen“, heißt es auf einer eigens für die Mahnwache eingerichteten Website. Und: „Wir erkennen darin eine Gefahr für die Demokratie. Als überzeugte Demokraten treten wir dieser Entwicklung entschieden entgegen.“

Nicht aufgerufen zur Demo hatte indes die AfD Bremen. Das mag unter anderem auch an internen Querelen innerhalb des Landesverbands liegen, die die Arbeit teilweise hemmen. Ein Beispiel für die Auswirkungen der parteiinternen Machtkämpfe sind die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen Landeschef Magnitz, die Ende vergangener Woche bekannt geworden waren. Sie kamen durch die Anzeige eines Parteikollegen zustande.

Magnitz hat deswegen bereits im Dezember seine Immunität verloren. Das kam erst jetzt im Gefolge der Berichterstattung über den tätlichen Angriff auf den 66-jährigen Politiker an die Öffentlichkeit. Magnitz selbst bezeichnete die Anzeige als „Lachnummer“. Sie habe mit innerparteilicher „Quertreiberei“ und nichts mit Untreue seinerseits zu tun.

Die Immunität

Das Immunitätsrecht soll Abgeordnete vor Übergriffen der Exekutive und Judikative schützen, damit die Arbeitsfähigkeit des Bundestags gewährleistet ist. Liegen allerdings einer Staatsanwaltschaft Gründe vor, etwa Anzeigen, die ein Ermittlungsverfahren gegen einen Abgeordneten rechtfertigen könnten, muss dies dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden. Der leitet die Mitteilung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung weiter, der wiederum dem Plenum eine Beschlussempfehlung vorlegt, ohne den Strafvorwurf zu nennen.

Über die Aufhebung der Immunität wird zumeist ohne Aussprache entschieden. Für die aktuelle Legislaturperiode ist es ausnahmsweise aber so geregelt, dass grundsätzlich ermittelt werden darf, wenn die Gründe dem Bundestagspräsidenten mitgeteilt werden und innerhalb von 48 Stunden kein Widerspruch aus Berlin erfolgt.

Im Fall Magnitzhandelt es sich nach Auskunft des Bundespresseamtes um einen sogenannten „Bagatellfall“, über die der Ausschuss per Mehrheitsbeschluss selbst entscheide. Mitgeteilt wird das lediglich in hektographierter Form den Mitgliedern des Bundestages und nicht als Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Deswegen war zum Fall Magnitz auch bisher nichts publiziert worden.

Auslöser war laut Bremer Staatsanwaltschaft eine im September 2018 eingegangene Strafanzeige des „früheren Schatzmeisters des AfD-Landesverbands Bremen“. In dessen Amtszeit, so die AfD, habe „Magnitz als Verfügungsberechtigter über die Parteikonten zusammen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden zwei Zahlungen veranlasst“.

Damit seien Rechnungen beglichen worden, die im Zuge der von der AfD beantragten Neuauszählung der 2015er Bürgerschaftswahlstimmen in Bremerhaven gestellt wurden. Es geht um Kosten für die Beaufsichtigung der Auszählung. Die Rechnungen seien an die Privatanschrift des stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden Thomas Jürgewitz gegangen, Magnitz habe sie von Parteikonten beglichen. Er selbst sagte der Bild am Sonntag: „Es geht um ungefähr 724 Euro.“ Die Staatsanwaltschaft Bremen bestätigt einen Streitwert „deutlich unter 1.000 Euro“.

Die AfD hat nach eigener Darstellung darum gebeten, die Rechnungen mit der Partei als Empfängeranschrift neu auszustellen. „Zwischenzeitlich liegt eine schriftliche Bestätigung des Magistrats Bremerhaven vor, dass der Zahlungspflichtige in beiden Fällen die Partei und nicht die Privatperson ist, an die die Rechnung gerichtet war. Die Angelegenheit ist somit erledigt“, teilte die AfD mit.

Das ist falsch. Laut Gerichtsbeschluss der Wahlprüfungssache vom 21. Dezember 2015 ist Jürgewitz erster Antragsteller der Wahlprüfung gewesen und hat daher auch zurecht die Rechnung zugestellt bekommen. Erst als zweiter Antragsteller firmiert der AfD-Landesverband Bremen.

Ob die in Rechnung gestellten Kosten nun von der AfD-Partei getragen werden mussten, Magnitz also korrekt gehandelt hätte und das Verfahren einzustellen wäre, oder ob die Sache vor Gericht landet, müsse nun die Staatsanwaltschaft Bremen entscheiden, sagt ihr Presssprecher Frank Passade.

Nach der Veröffentlichung des Überwachungskamera-Videos vor drei Tagen zum Angriff auf den AfD-Politiker sind bei den Ermittlern bisher 140 Hinweise eingegangen, hieß es gestern. Ob darunter auch welche auf die Täter seien, wurde nicht bekannt. Gleichzeitig sah sich die Polizei Bremen aus dem Lager der AfD-Anhänger Vorwürfen ausgesetzt, sie habe die veröffentlichte Videosequenz manipuliert. Die Bremer Polizei teilte mit, die Vorwürfe entbehrten „jeglicher Grundlage“.

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