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Nach Verhandlungen in BrüsselEU einigt sich auf Bankenunion

Unmittelbar vor dem EU-Gipfel schließen die Europäer das Großprojekt Bankenunion ab. Das System ist kompliziert. Ein neuer Vertrag wird auch nötig sein.

Wolfgang Schäuble hat seine Vorstellung durchgesetzt: Die Bankenunion will er schon lange Bild: dpa

BRÜSSEL dpa | Die Europäer sind bei der Absicherung ihrer krisenanfälligen Finanzbranche einen Riesenschritt weitergekommen. Die EU-Finanzminister einigten sich am Mittwochabend nach zwölfstündigen Marathonverhandlungen auf den letzten Pfeiler der Bankenunion – das ist das Regelwerk für die Schließung oder Sanierung von Pleitebanken. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gepumpt.

Die EU will mit der Bankenunion Sparer besser schützen und Steuerzahler bei Zusammenbrüchen von Geldhäusern schonen. Unterhändler der EU-Institutionen einigten sich in der Nacht zum Mittwoch in separaten Verhandlungen auf eine bessere Absicherung von Sparern in Europa.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten eine Einigung bei der Bankenabwicklung bis Jahresende mehrfach gefordert. Die „Chefs“ treffen sich am Donnerstag in Brüssel zu ihrem Gipfel – und brauchen sich mit den äußerst komplizierten Thema nicht mehr im Detail zu beschäftigen. Bei dem Spitzentreffen wird es vor allem um die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik gehen. Auch die politische Krise in der Ukraine wird zur Sprache kommen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble begrüßte den mühsam erzielten Kompromiss für die Bankenabwicklung. Das sei der „richtige Beitrag, um eine weitere Stabilisierung des Finanzsektors zu erreichen", sagte der CDU-Politiker. Es sei noch möglich, die Gesetzgebung in der laufenden Legislaturperiode des Europaparlaments abzuschließen. Die Volksvertretung muss dem Kompromiss noch zustimmen. Im kommenden Mai sind Europawahlen geplant.

Der französische Ressortchef Pierre Moscovici sprach von einer Vereinbarung mit historischer Bedeutung. „Die Architektur, die wir brauchen, um Krisen zu begegnen, ist geschaffen.“

Auch Kredite werden erlaubt

Kernstück ist ein gemeinsamer Topf, der über zehn Jahre hinweg mit Bankengeldern aufgebaut wird. Ob und wie eine Bank abgewickelt wird, entscheidet ein neues Gremium, dem unter anderen Vertreter der Mitgliedsstaaten angehören. Die EU-Kommission hat ein Veto-Recht.

Die Verhandlungen mit dem EU-Parlament ergaben, dass bei Bankenkrisen Guthaben von kleinen Sparern in einer Höhe von bis zu 100.000 Euro komplett geschützt sind. Auf ihr Geld sollen Bankkunden künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen zugreifen können, erklärte der SPD-Europaabgeordnete Peter Simon.

Der Banken-Abwicklungsfonds soll am Ende bis zu 55 Milliarden Euro umfassen. Er könne in der Aufbauphase auch Kredite aufnehmen, falls er klamm sei, so Teilnehmer. Das gepumpte Geld müsse aber letztlich von den Banken nachbezahlt werden. Für den Topf ist ein neuer internationaler Vertrag geplant; er soll bis Ende Februar kommenden Jahres ausgearbeitet werden.

Das neue System zur Bankenabwicklung wird von 2016 an kommen. Es ergänzt die bereits fest vereinbarte europäische Bankenaufsicht, die im November 2014 als erster Pfeiler der Bankenunion starten wird. Beide Pfeiler gelten für die Euroländer sowie Nicht-Eurostaaten, die freiwillig mitziehen.

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4 Kommentare

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  • Schäuble geht in vielen Punkten auf die Forderungen der monetaristischen ESM-Gegner ein.

    Ein Grund für Lucke und co. sich abzuregen.

     

    Auf jeden Fall stabilisieren die Maßnahmen die Umverteilung von unten nach oben.

  • R
    routier

    Das hier im Internet gefunden unter:

    http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/7001-ist-der-euro-unguelitlig

     

    Das im Auftrag eines Staates herausgegebene Geld ist nach international geltendem Völkerrecht eine Öffentliche Einrichtung, ein Öffentliches Gut – und zwar „Gesetzliches Zahlungsmittel für alle Schulden, öffentliche und private“. Eine Banknote ist nach dem Völkerrecht ein Schuldschein eines Staates, ein öffentlich-rechtlicher Schuldschein. Das internationale Recht (Legal Tender Laws) sieht vor, daß auf jeder Banknote gewisse Merkmale/Kennzeichen aufgebracht sein müssen: das Wort „Banknote“, Ausgabestelle mit Ort und Datum, Unterschrift des Bankpräsidenten und der rechtliche Hinweis, daß das Nachmachen/Fälschen und In-Verkehr-Bringen des nachgemachten Geldes strafbar ist. Nichts davon findet sich auf den EURO-Scheinen; es gibt lediglich ein © („Copyright“) am oberen Rand der Vorderseite. Der EURO ist weder gesetzliches Zahlungsmittel noch Währung, sondern nur noch „öffentliches Zahlungsmittel“, das keinem Annahmezwang mehr unterliegt!

  • R
    routier

    Ich wollte gerade mal 30,90 Euro überweisen, und bekomme von allen Banken die selbe Antwort: macht 20,00 Euro Überweisungsgebühr. Da halt ich mich an den Spruch Eine Bank zu überfallen ist legitiemer als eine aufrecht zu erhalten

  • FL
    Frank Linnhoff

    Peinlich, peinlich, dieses Selbstlob der Finanzminister, die mit diesem Abkommen reine Augenwischerei betreiben. Wie mutig dagegen die Staatsmänner vor ca. 150 Jahren, welche den Banken das Recht nahmen, weiterhin ihre eigenen Banknoten zu drucken und das Privileg der Papiergeldschöpfung dorthin vergaben, wo es hingehört, nämlich in die Hand der staatlichen Notenbanken. Grund waren die wiederkehrenden Überschuldungskrisen der Banken. Genau dieselbe Reform steht für die Giralgeldschöpfung an, die heute nach freiem Gusto von jeder Geschäftsbank getätigt wird und von den großen Investmentbanken für die Hebelung von Eigengeschäften und Spekulation grob mißbraucht wird. Der Verein "Monetative" beschreibt auf seiner Website die Auswirkungen einer solchen Vollgeldreform, siehe www.monetative.de Unter anderem löst sich das Problem der Überschuldung der Staaten und das Problem, dass Banken nicht genau wie andere Unternehmen in Konkurs gehen dürfen.

     

    Ich halte unsere europäischen Finanzminister, einschließlich Schäuble, für inkompetent und feige.