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Nach Urteil wegen rassistischen AngriffsSuspendierung gefordert

Das Urteil gegen den prügelnden Polizisten Stefan K. ist rechtskräftig. Der Berliner Flüchtlingsrat fordert seine Entlassung.

Vertrauen in die Polizei ist nur eingeschränkt vorhanden: Plakat am 1. Mai in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Der Berliner Flüchtlingsrat fordert die „sofortige, längst überfällige“ Entlassung des rechtskräftig verurteilten Polizisten Stefan K. aus dem Polizeidienst. Dies sei wichtig nicht nur als „Signalwirkung für Stefan K.s Kolleg:innen, sondern auch für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatlichen Behörden, das beim Thema „rassistische Polizeigewalt“ bereits stark beschädigt ist“, so die Organisation in einer Pressemitteilung von Ende vergangener Woche.

Im April 2017 war der aus Afghanistan stammende Jamil A. am S-Bahnhof Berlin-Karlshorst von Stefan K., einem Berliner Polizisten, der privat unterwegs war, und zwei weiteren Personen angegriffen und schwer verletzt worden. Während des Strafverfahrens gegen K. und die Mittäter wurde A. nach Afghanistan abgeschoben – ein Berliner Gesetz, das Opfer von Hasskriminalität vor Abschiebung schützt, war erst zwei Monate nach der Tat in Kraft getreten.

Das Verfahren gegen die Täter wurde danach zunächst eingestellt, auf Initiative des Flüchtlingsrats 2022 jedoch wieder aufgerollt. Im Februar 2022 wurde Stefan K. vom Amtsgericht Tiergarten als schuldig verurteilt, die rassistische Motivation seiner Tat ausdrücklich vom Gericht benannt.

Die Mittäter akzeptierten das Urteil, K. ging jedoch in Berufung. Am 1. März wurde das Urteil (120 Tagessätze à 80 Euro plus 800 Euro Schmerzensgeld) vom Landgericht Berlin bestätigt. Es ist laut Flüchtlingsrat inzwischen rechtskräftig.

Richterin fassungslos

Zudem berichtet der Verein, dass die Richterin bei der Urteilsbegründung ihre Fassungslosigkeit über die lange Verschleppung des Verfahrens geäußert habe – sowie darüber, dass Stefan K. nach wie vor im Polizeidienst tätig ist. Bei jeder anderen Berufsgruppe hätte solch eine erstinstanzliche Verurteilung vermutlich eine Suspendierung nach sich gezogen. Laut BZ soll die Richterin gesagt haben: „Wir hätten eine höhere Strafe verhängt. Was wir hier wegen des Verschlechterungsverbots in der Berufung aber nicht dürfen.“

Der Flüchtlingsrat fordert neben der Suspendierung von K. auch eine Entschädigung für Jamil A. sowie seine sofortige Rückholung aus Afghanistan nach Berlin.

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3 Kommentare

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  • Schade, dass die Staatsanwaltschaft nicht auch Berufung eingelegt hat. In dem Fall hätte die Strafe tatsächlich auch höher ausfallen können! Über ihre Motive könnte ich nur spekulieren. 14:20 26.03.23

    • @felixul:

      Das Problem ist, dass die Staatsanwaltschaften allgemein vollkommen überlastet sind. Ein Berufungsverfahren bedeutet da doppelten Aufwand plus noch mehr Stunden wegen besserer Vorbereitung (weil im Erstverfahren muss ja irgendwas dazu geführt haben, dass das Gericht ein milderes Urteil für Angemessen erachtet hat).



      Da wird formal genau gewichtet, wofür man seine Ressourcen einsetzt und ein Urteil über 120 Tagessätze (knapp über der Grenze von 91 TS, bei der überhaupt erst eine Vorstrafe ins Führungszeugnis eingetragen wird) gilt da - hart ausgedrückt - als Bagatelle.



      Da wundert mich auch ein wenig die Aussage der Richterin. Um quasi automatisch aus dem Dienst entfernt zu werden, bedarf es einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr (oder 360 TS), in Betracht kommt eine Entlassung bei einer Verurteilung von mindestens sechs Monaten (bzw. 180 TS).



      Da die Strafe unterhalb dieser Schwelle liegt und zudem (was durchaus von Bedeutung ist) die Tat nicht im Dienst geschehen ist, gehe ich davon aus, dass er weiterhin als Beamter im Polizeidienst beschäftigt werden wird.

      • @Cerberus:

        Die Klimakleber sagten ja auch, Flugreisen sind Privatsache. Er war schließlich nicht im Dienst. Zum innendienst versetzen wäre auch möglich.