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Nach US-Raketenangriff in PakistanTalibanführer Mehsud soll tot sein

Der pakistanische Islamistenchef soll bei einem US-Angriff in Waziristan ums Leben gekommen sein. Einen Sieg über die pakistanischen Taliban bedeutet sein Tod allerdings nicht.

Der wohl getötete Baitullah Mehsud bei einer seiner seltenen öffentlichen Auftritte im Jahr 2008. Bild: dpa

DEHLI taz | Er war Pakistans oberster Staatsfeind und soll den Mord an der ehemaligen Premierministerin Benazir Bhutto in Auftrag gegeben haben. Nun soll er getötet worden sein: Der Anführer der pakistanischen Taliban, Baitullah Mehsud, soll bei einem US-Angriff mit einer Drohne ums Leben gekommen sein.

Pakistans Außenminister Shah Mahmood Qureshi sagte am Freitag in Islamabad, es gebe "starke Anzeichen" dafür, dass Mehsud bei einem Angriff auf das Haus seines Schwiegervaters am Mittwoch gestorben sei. Ein Gefolgsmann des Islamistenanführers soll den Tod Mehsuds bestätigt haben, berichtete der pakistanische Nachrichtensender Dawn News. "Ich bestätige, dass Baitullah Mehsud und seine Frau bei einem amerikanischen Raketenangriff gestorben sind", sagte er nach Angaben des Senders. Zuvor hatten drei Geheimdienstmitarbeiter von dem Tod Mehsuds berichtet.

Eine unabhängige Bestätigung gab es jedoch bis zum Freitagabend nicht. Denn die Stammesregion Südwaziristan, in der Mehsud getötet worden sein soll, steht unter der Kontrolle der pakistanischen Taliban. "Um zu hundert Prozent sicher zu sein, müssen wir die Angabe vor Ort überprüfen", sagte Qureshi.

Mehsud war der gewählte Anführer des Dachverbandes Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP, Taliban-Bewegung in Pakistan), zu dem sich im Dezember 2007 rund drei Dutzend militante Islamistengruppen in der Grenzregion zu Afghanistan zusammengeschlossen hatten. Er selbst soll 20.000 Kämpfer befehligt haben, unter ihnen viele militante Islamisten aus dem Ausland.

Die Tehrik-e-Taliban

Baitullah Mehsud war der Anführer der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP, Talibanbewegung in Pakistan). Im Dezember 2007 hatten sich ca. drei Dutzend Islamistenmilizen im Nordwesten Pakistans zu dem Verband zusammengetan und Mehsud, der seine Machtbasis im Stammesgebiet Südwaziristan hatte, zum Anführer gewählt.

Die meisten der Milizen hatten sich seit dem Einmarsch der US-geführten Truppen in Afghanistan gebildet und rasch im gesamten Stammesgebiet (Fata) an der Grenze zu Afghanistan ausgebreitet. Die Region ist offiziell zwar halbautonom, wurde von Islamabad aber de facto nicht kontrolliert. Zahlreiche Dschihadi-Kämpfer aus dem Ausland schlossen sich den Milizen an. Die häufig halbkriminellen Organisationen setzten sich in der Region durch, indem sie Hunderte der Stammesältesten töteten.

Ihre Gebiete kontrollierten sie mit äußerster Gewalt. Al-Qaida und die afghanischen Taliban nutzen bis heute Südwaziristan als Rückzugsgebiet. Langsam drangen die Islamistenmilizen auch in andere Regionen im Nordwesten des Landes vor. Im Swat-Tal errichtete Milizenchef Mullah Fazlullah ein Terrorregime. Als Taliban-Kämpfer in die Region Buner vordrangen, setzte die Armee zu einer massiven Offensive gegen die Militanten in Buner und im Swat-Tal an, die bis heute andauert. In Südwaziristan bringt sich das Militär seit einigen Wochen in Stellung. ZAS

Lange sahen die USA Mehsud nicht als akute Bedrohung an, denn seine Männer griffen vorwiegend Ziele innerhalb Pakistans an. Doch im März dieses Jahres setzte das US-Außenministerium ein Kopfgeld von 5 Millionen US-Dollar auf Mehsud aus. Die US-Drohnenangriffe auf Südwaziristan nahmen zu.

In den vergangenen anderthalb Jahren hatte die Zahl der Selbstmordanschläge und bewaffneten Übergriffe, die Mehsud befehligt haben soll, derart zugenommen, dass viele Beobachter befürchteten, Pakistan könne unter der Gewalt zerbrechen. Im März hatte sich Mehsud zu dem Anschlag auf die sri-lankische Kricket-Nationalmannschaft in der ostpakistanischen Stadt Lahore bekannt. Er drohte, es werde fortan "jeder Woche" einen vergleichbar schweren Anschlag geben, sollte Pakistans Armee ihre Offensive gegen die Islamistenmilizen im Nordwesten des Landes nicht einstellen.

Das vermutlich bekannteste Opfer Mehsuds war Pakistans ehemalige Premierministerin Benazir Bhutto. Im Oktober 2007 war sie aus dem Exil nach Pakistan zurückgekehrt, um bei den Parlamentswahlen als Kandidatin für den Posten des Premiers anzutreten. Noch am selben Tag sprengten sich vor ihrem Konvoi in Karatschi zwei Selbstmordattentäter in die Luft und töteten mehr als 130 Menschen. Zwei Monate später tötete sie ein weiterer Attentäter nach einer Wahlkampfveranstaltung in der Stadt Rawalpini bei Islamabad. Bhutto war zum Ziel geworden, weil sie erklärt hatte, sie werde im Fall eines Wahlsieges eng mit Washington zusammenarbeiten.

Pakistans Geheimdienst veröffentlichte daraufhin aufgezeichnete Telefonate, auf denen sich Mehsuds Anhänger gegenseitig zu dem erfolgreichen Attentat beglückwünschen. Doch Mehsud selbst ließ erklären, er sei nicht für den Mord an der Politikerin verantwortlich.

Einen Sieg über die pakistanischen Taliban bedeutet Mehsuds Tod jedoch nicht. Weitere hochrangige Anführer könnten seinen Platz einnehmen. Und das Schicksal eines anderen "Mehsud" zeigt, dass der Tod eines prominenten Anführers noch lange nicht das Ende des Taliban-Aufstands bedeutet: Im Juli 2007 tötete sich Abdullah Mehsud kurz vor einer Festnahme in Pakistans Provinz Belutschistan.

Abdullah Mehsud, der demselben Stamm angehört wie Baitullah, hatte sich Ende 2001 in Afghanistan Kämpfern der Nordallianz gestellt, die ihn an US-Soldaten übergaben. Er verbracht 25 Monate in Guantánamo. Nach seiner Freilassung reiste er nach Pakistan, stellte eine 5.000 Kämpfer starke Miliz auf und griff immer wieder US-geführte Truppen in Afghanistan an.

Nach seinem Tod erklärte Pakistans Regierung, die Militanz im Nordwesten des Landes werde in Kürze zusammenbrechen. Doch das Gegenteil trat ein: Mehrere andere Milizenchefs nahmen Abdullah Mehsuds Platz ein. Der Islamistenaufstand in Pakistans Nordwesten weitete sich massiv aus.

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11 Kommentare

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  • A
    asd

    natürlich kommt es auf die situatiuon an..

    allerdings ist die situation nicht unbedingt so simpel strukturiert...

    die ziele und idiologie der taliban sind fragwürdig, ohne zweifel. aber warum haben sie soviel zuspruch in den dortigen ländern?? weil sie das gegengewicht zur amerikanisierung darstellen. vor diesen ganzen militärinterventionen sah das alles anderst aus.. und vielleicht hätte sich die lage dort viel schneller stabilisiert als mit militärischem druck!

     

    es gibt auf jedenf all einen alternativweg.. es ist so oder so mehr als fragwürdig ob man diesen "kampf gegen den terror" gewinnen kann, da dieser sich erstrangig nicht gegen den westen an sich richtet sondern gegen die ausenpolitik und das agresive verhalten im nahen osten. ich meine im grunde kann man dort niemandem ein mistrauen uns gegenüber vorwerfen, was wir uns da schon alles geleistet haben! grundkern der aussage sollte sein, dass die meisten aufständigen dort eben wirklich aufständige sind.. wir habe im endeffekt die brikäre situation dort verschuldet! in kriesensituationen profitieren meistens radikale gruppierungen.. das muss allerdings nicht von dauer sein.. wenn man der bevölkerung helfen würde sich selbst zu organisieren und ihre lage zu verbessern würde man dem "terror" den nährboden entziehen und die menschen dort würden sich schon sehr bald von alleine organisieren. wenn man jemandem etwas aufzwingen will muss man immer mit wiederstand rechnen.. ausserdem ist das ergebnis, falls es aufgezwungen werden kann, auf einem sehr wackligem fundament gebaut und garantiert nicht halb so stabiel wie wenn man es selbst erarbeitet hat.

     

    dazu kommt ja auch noch das es doch sehr fragwürdig ist ob sich unsere ganzen kampfhandlungen in diesen gebieten wirklich darum drehen den menschen dort zu helfen... oder unsere wirtschaftlichen und industriellen interessen zu schützen.

     

    und was soll der mist mit der a-bombe?? soll das heissen wenn wir sie nicht alle bis morgen getötet haben beschaffen die sich atomwaffen?

  • A
    aso

    @ Mechthild:

    Es kommt doch immer auf die Situation an. Deshalb sollte man nicht Äpfel mit Birnen gleichsetzen, und alles in einen Topf werfen.

    Die Situation ist folgende: die Taliban wollen Pakistan zu einem Gottesstaat machen. Damit das Volk sogleich weiß, wo es lang geht, werden in Gebieten deren Machtbereichs erstmal alle Mädchenschulen geschlossen / zerstört.

    Mit Pakistan ist es nicht getan. Geplant ist ebenso die islamischen Eroberung Indiens. Die Attentate von Mumbai waren hier zielführend.

    Die A-Bombe in Händen der Taliban ist eine Bedrohung für ALLE.

    Was also schlagen Sie als Alternative vor? Einen Stuhlkreis mit den Taliban-Führern? Gemeinsamens Händchenhalten und Beten?

    P.S.: Solche Gruppierungen halten nichts von Diplomatie (es sei denn sie wäre zu deren Nutzen).

  • M
    Mechthild

    @ aso: Sorry, aso, aber genau die angebliche Alternativlosigkeit dieses Vorgehens stelle ich in Frage.

    Vieles wird uns als 'Alternativlos' verkauft. Bush's Angriffskrieg gegen Irak, die israelische Annektion Palästinas, die Bundeswehr und NATO in Afghanistan, vielleicht bald der Angriff auf Iran, Bundeswehreinsatz im Innerern, Überwachung in Deutschland usw...

    Ist das alles der Weisheit letzter Schluß?

  • A
    aso

    @ Mechthild:

    Es ist doch eher so, daß die Taliban Krieg gegen die eigene Bevölkerung führen, um den Gottesstaat überall zu installieren.

    Nach dem die Regierung hier fatalerweise schon Zugeständnisse machte (Scharia in Taliban-Gebieten), zog sie endlich die Notbremse.

    Die Bombe in Händen der Taliban? Wär für Sie O.K.?

  • M
    Mechthild

    Die pakistanische Regierung vertreibt 2 Millionen Menschen und führt auf Druck der USA Krieg gegen ihre eigene Bevölkerung. Die USA töten im Einverständnis mit der pakistanischen Regierung immer wieder Menschen in Pakistan. Ohne Rücksicht auf unbeteiligte.

    Wir sollten uns nicht wundern, wenn es den Menschen in Pakistan einmal reicht, sie sich dies nicht mehr gefallen lassen und sich in der Mehrheit von der Regierung abwenden.

    Dann fliegt der pakistanischen Regierung und dem 'Westen' ihre eigene 'Politik' um die Ohren.

    Klug ist dieses Verhalten der dortigen herrschenden und der USA nicht.

  • A
    aso

    @ vic:

    !...Während der Westen einen tötet, stehen zehn neue auf.

    ...when will they ever learn...“ :

    Sie unterschätzen Wert und Bedeutung starker charismatischer Persönlichkeiten:

    Nachdem der „Schächter von Bagdad, Abu Mussab al-Sarkawi die Schwelle zum Jenseits übertrat, gab es sein Markenzeichen nicht mehr:

    Videos mit bestialischen Abschlachtungen von meist westlichen Geiseln.

    10 Mitläufer haben nicht den gleichen Stellenwert einer starken Persönlichkeit.

  • JG
    Jürgen Gojny

    Fremdes suchend verlor Mehsud das Seine!

  • V
    vic

    Wieder wurde ein neuer Märtyrer geboren, ein neues Phantom, ein Untoter neben Bin Laden.

    Während der Westen einen tötet, stehen zehn neue auf.

    ...when will they ever learn...

  • KK
    Klaus Keller

    Angeklagt,für schuldig befunden,verurteilt und hingerichtet die Angehörigen gleich mit.

    So sieht also Obamas rechtstaatlicher Kampf gegen Terrorismus aus.

     

    Die Art wie wir ein Ziel erreichen ist Teil des ganzen Herr Obama.

     

     

    klaus keller hanau

  • B
    Berthold

    Zunächst vielen Dank an die USA, dass sie perverse talibanische Frauenauspeitscher und Frauenmörder gezielt töten, mittels der Drohnen, ohne das Leben von Soldaten riskieren zu müssen.

     

    Aber wenn diese Islamisten nach Freilassung aus dem Lager in Guanatanamo oder wie in Afghanistan nach Vertreibung durch die Bundeswehr sofort wieder Terror machen, wird es zweifelhaft, ob das Lager in Guantananmo geschlossen werden kann. Es sieht eher so aus, als ob es erweitert werden müsste, denn Islamisten sind offenbar der Menschheit ebensowenig zumutbar wie Kinderschänder und andere bestialische Verbrecher, bei denen es als einigermaßen humane langfristige Lösung nur die geschlossene Unterbringung gibt.

  • N
    noevil

    Solange es Menschen gibt, die - gleich welchen Glaubens und welcher Lebensanschauung - weder das eigene Leben als Geschenk Gottes/Allahs betrachten und es pflegen und erhalten noch das Recht der anderen auf Leben und Unversehrtheit respektieren, sind diese Leute keine Glaubenskrieger, sondern schlicht und einfach Verbrecher. Und sie sind zu dumm zu merken, dass sie manipuliert und ausgenützt werden zu glaubensfremden Machtzwecken raffinierter Flüsterer, die ihr eigenes Leben wohlweislich zu schützen wissen, soweit es ihnen gelingt.

     

    Aber solange es nicht gelingt, die extremen Spannungen und sozialen Gefälle in unserer Welt zu reduzieren, sondern sich die betuchten Sorglosigkeiten auf immer noch kleinere Kreise konzentrieren, werden jedem "ausgeschalteten" Extremisten hundert wahnsinnige Extremisten - rekrutiert aus halb verhungerten Existenzen und Verzweifelten - nachfolgen und die Sorge, die uns um Pakistan und anderen Staaten umtreibt, wird uns noch lange nicht ruhen lassen.