Nach US-Absage an das Atomabkommen: Iran will vorerst am Deal festhalten
US-Präsident Donald Trump kündigt den Atomdeal mit dem Iran auf. Die europäischen Außenminister suchen nun das Gespräch mit Teheran.
Deutschlands Außenminister Heiko Maas gibt nach dem Ausstieg der USA die Hoffnung auf ein Fortbestehen des Atomabkommens mit dem Iran nicht auf. Die Bundesregierung werde versuchen, das „wichtige Abkommen“ am Leben zu halten, sagte der SPD-Politiker am Dienstagabend den ARD-„Tagesthemen“. Der Iran habe ein Interesse an wirtschaftlichen Kontakten in die Welt, Europa müsse mit einer Stimme sprechen.
Man werde sich mit den von Trump angekündigten Sanktionen „intensiv auseinandersetzen“ und Gespräche mit den Verantwortlichen im Iran führen, kündigte Maas an. Er betonte die Bedeutung des Abkommens von 2015: „Wenn es dieses Abkommen insgesamt nicht mehr gäbe, dann hätten wir nichts.“ Er wisse nicht, was die USA an die Stelle der Vereinbarung setzen wollten.
Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, die EU sei „entschlossen“, das Atomabkommen aufrecht zu erhalten.
Trump hatte am Dienstag den Austritt seines Landes aus dem Atomabkommen mit dem Iran erklärt. Er begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass Teheran trotz der Vereinbarung von 2015 sein Streben nach Atomwaffen fortgesetzt habe. Zugleich leitete Trump die Wiedereinsetzung von Sanktionen ein. International stieß seine Entscheidung auf Kritik, nur Irans regionale Rivalen Israel und Saudi-Arabien begrüßten den Schritt.
Obama sieht „Amerikas Glaubwürdigkeit“ zerstört
Berlin, London und Paris hatten zuvor bei Trump vergeblich für den Verbleib der USA in dem Vertrag mit dem Iran geworben. Sie kündigten an, sich nach dem Ausstieg der USA weiter für den Erhalt der Vereinbarung einsetzen.
Das im Juli 2015 in Wien zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland geschlossene Abkommen soll verhindern, dass Teheran die Fähigkeiten zur Entwicklung von Atomwaffen erlangt. Gemäß dem Abkommen hat Teheran die Urananreicherung deutlich reduziert und verschärfte Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zugelassen. Im Gegenzug wurden die im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelssanktionen aufgehoben.
Nach dem verkündeten Ausstieg stellte US-Vizepräsident Mike Pence sogleich einen neuen Pakt in Aussicht. Die USA und ihre Verbündeten könnten ihn durch die Kombination „harter amerikanischer Diplomatie mit starkem wirtschaftlichen Druck“ erreichen. Eine neue Vereinbarung müsse die „bösartigen Aktivitäten“ des Irans begrenzen und verhindern, dass das Land „jemals“ eine Atommacht werde, sagte Pence.
Auch in den USA erntete Trumps Entscheidung Kritik. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Charles Schumer, beklagte, es scheine nicht so, als habe das Weiße Haus einen weiteren Plan. Seine Kollegin Nancy Pelosi, demokratische Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, kritisierte Trumps Entscheidung als vorschnell – sie isoliere die Vereinigten Staaten, nicht aber den Iran.
Ähnlich hatte sich zuvor schon Ex-Präsident Barack Obama geäußert, unter dem das Abkommen ausgehandelt worden war. „Die ständige Missachtung von Abkommen“ könnte „Amerikas Glaubwürdigkeit“ zerstören, sagte Obama. Ohne den Vertrag stünden die USA womöglich letztendlich vor der negativen „Wahl zwischen einem mit Atomwaffen ausgestatteten Iran oder einem weiteren Krieg im Nahen Osten“.
Teheran will vorerst an dem Deal festhalten
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „tief besorgt“, weil das Abkommen „zu regionalem und internationalem Frieden und Sicherheit beigetragen“ habe. Ganz anders sah das schließlich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Trump habe einen „historischen Schritt“ vollzogen. Das Abkommen unverändert zu lassen, wäre dagegen „ein Rezept für eine Katastrophe, eine Katastrophe für unsere Region, eine Katastrophe für den Frieden der Welt“ gewesen.
Der Iran will nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen vorerst an dem Deal festhalten, macht die endgültige Entscheidung darüber jedoch von den anderen Vertragspartnern abhängig. Außenminister Mohamed Dschawad Sarif schrieb am Mittwoch auf seiner Twitter-Seite, er werde demnächst auf Anweisung von Präsident Hassan Ruhani eine Pendeldiplomatie starten. Danach werde der Iran sich dann endgültig entscheiden, ob er weiterhin im Abkommen bleiben werde.
Bei den Verhandlungen mit dem EU-Trio Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie China und Russland gehe es in erster Linie um die vertragsgerechte Umsetzung des Deals. Es müsse versichert werden, dass der Iran voll und ganz von den wirtschaftlichen Vorteilen des Abkommens profitieren könne, teilte Sarif mit. Wie lange diese Verhandlungen dauern werden, sagte er nicht.
Ruhani hatte bereits am Dienstagabend angekündigt, dass der Iran zunächst die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump mit den anderen Verhandlungspartnern diskutieren wolle. Aus dem Sextett sei ein Quintett geworden. Nun müsse man „in den nächsten Wochen“ sehen, wie es ohne die USA mit dem Deal weitergehen könne.
„Wir wollen die Umsetzung des Abkommens … nur auf Papier reicht uns nicht“, sagte Ruhani. Falls auch die Verhandlungen mit dem restlichen Quintett scheitern sollten, werde der Iran sein Atomprogramm und die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen, warnte Ruhani. Dies sei mit der iranischen Atomorganisation auch bereits koordiniert worden.
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