piwik no script img

Nach Sprengstoffattacke auf BVB-BusZweifelhafte Bekennerschreiben

Die Spieler des BVB seien nur knapp einer Katastrophe entgangen, zitiert „BamS“ das BKA. Wer die Tat zu verantworten hat, bleibt weiter völlig unklar.

Wer hatte es auf ihn abgesehen? Ein BVB-Mannschaftsbus Foto: dpa

Berlin/Düsseldorf dpa | Die Spieler von Borussia Dortmund sind beim Sprengstoffanschlag auf ihren Mannschaftsbus wohl nur knapp einer größeren Katastrophe entgangen. Wäre die Detonation nur eine Sekunde früher erfolgt, hätte es möglicherweise auch Tote gegeben, berichtet die Bild am Sonntag unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Am Dienstag waren drei Sprengsätze neben dem BVB-Bus explodiert. Fußballprofi Marc Bartra, der hinten rechts saß, sowie ein Polizist wurden teils schwer verletzt. Auf Bildern war zu erkennen, dass die hinterste Scheibe auf der rechten Seite zersplittert war.

Ein Ermittler der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Pott“ des Bundeskriminalamtes sagte der Zeitung: „Wären die Splitterbomben nur eine knappe Sekunde früher gezündet worden, hätte der Bus eine regelrechte Breitseite bekommen. Es hätte dann bestimmt viele Schwerverletzte und möglicherweise auch Tote gegeben.“

Rätselhafte Bekennerschreiben

Unterdessen prüfen die Ermittler mehrere Bekennerschreiben, die allerdings Rätsel aufgeben. So war am Donnerstagabend beim Berliner Tagesspiegel eine Bekenner-Mail mit rechtsextremistischem Duktus eingegangen. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft (GBA), Frauke Köhler, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am späten Freitagabend, ihre Behörde habe das Schreiben von der Zeitung erhalten. Eine Bewertung wollte sie nicht abgeben.

Der anonyme Verfasser bezieht sich laut Tagesspiegel auf Adolf Hitler, hetzt gegen „Multi Kulti“ und droht mit einem weiteren Angriff. Nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen wird ausdrücklich die Asyl- und Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert. Am 22. April werde „buntes Blut fließen“. Die Drohung zielt nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen vermutlich auf die zu erwartenden linken Demonstranten gegen den an diesem Tag in Köln stattfindenden AfD-Bundesparteitag.

Der Tagesspiegel zitierte Sicherheitskreise mit den Worten, es müsse alles ernst genommen werden, „da wir keine Spur zum Täter von Dortmund haben“. Die neue Bekennermail könne mit der Dortmunder Tat zu tun haben, „es könnte aber auch ein Trittbrettfahrer sein“. Nach dpa-Informationen wird die Skepsis in den Sicherheitsbehörden auch mit dem Verweis begründet, es sei ungewöhnlich, dass ein Attentäter einen Anschlag ankündige und sich so der Entdeckung aussetze. Zudem handele es sich um einen anderen Duktus als bei den am Tatort gefundenen Schreiben.

Direkt nach dem Anschlag waren am Tatort drei gleichlautende Bekennerschreiben mit islamistischen Bezügen entdeckt worden. Es wird aber bezweifelt, dass diese Schreiben tatsächlich von Islamisten stammen. Ermittelt wird auch in Richtung von Rechtsextremisten, gewaltbereiten Fußballfans und Allgemein-Kriminellen. Bei einem weiteren angeblichen Bekennerschreiben, in dem ein linksextremistischer Hintergrund behauptet wurde, bestehen nach GBA-Einschätzung erhebliche Zweifel an der Echtheit.

„Auf einmal bin ich ein Ziel“

Gegenüber der Schweizer Tageszeitung Der Bund erklärte Dortmunds Torhüter Roman Bürki, die Nachwirkungen des Anschlags noch zu spüren. „Ich habe immer noch Probleme, schlafen zu können. Im Unterbewusstsein zucke ich zusammen und schrecke dann auf. Das Schlimmste ist, dass ich keine Nacht durchschlafen kann“, sagte er.

Schlimm sei vor allem gewesen, am Tag danach wieder zum Match anzutreten. „Ich konnte mich gar nicht darauf konzentrieren. Ich nahm auf dem Platz alles immer etwas später wahr – als hätte ich einen Schleier vor den Augen“, berichtete Bürki. Er kritisierte die Entscheidung, so schnell wieder spielen zu müssen. „Wenn ich dann am nächsten Tag von irgendeinem Sprecher der UEFA oder FIFA eine Aussage höre, das Spiel wäre abgesagt worden, wenn jemand ums Leben gekommen wäre. Also, das ist doch die größte Frechheit die es gibt“. Als Zeichen gegen den Terrorismus habe er das nicht empfunden, sofort wieder zu spielen. „Das war doch kein Zeichen, das war nur ein Ignorieren der Tatsachen.“

Es bleibe die Frage: „Warum? Warum ist das passiert? Wieso wir? Auf einmal bin ich ein Ziel, sind wir alle ein Ziel. Das macht es so schlimm“, befand Bürki. Was jetzt helfe, sei wieder der Fußball. „Wegen dieses Vorfalls bin ich froh, dass ich etwas habe, auf das ich mich fokussieren muss. Es ist sehr wichtig, dass ich abgelenkt bin und versuche, nicht zu sehr darüber nachzudenken, was passiert ist“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es ist schon peinlich, wenn der BvB Trainer nach dem verlorenen Spiel gegen Monaco darüber wettert, dass sie gezwungen worden wären, schon einen Tag später das Match auszutragen. Wer, wenn nicht die Fußball-Millionarios der Bundesliga hätten sich gemeinsam gegen die Spielansetzung wehren können? Wäre der Protest des Trainers genauso ausgefallen, wenn der BvB gewonnen hätte?

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • "Fußballprofi Marc Bartra, der hinten rechts saß, sowie ein Polizist wurden teils schwer verletzt." - Das Angebot von dpa, einen solch dummen Satz zu veröffentlichen, hätte die Redaktion besser ausgeschlagen