Nach Putsch in Ägypten: Mursi der Spionage beschuldigt

Die ägyptische Staatsanwaltschaft prüft Spionage-Vorwürfe gegen den gestürzten Präsidenten Mursi. Massenproteste gegen dessen Absetzung blieben friedlich.

Sie hängen an Mursi: Muslimbrüder am Samstag in Kairo. Bild: reuters

ISTANBUL/KAIRO dpa | Der gestürzte ägyptische Präsident Mohammed Mursi und seine Muslimbruderschaft müssen sich möglicherweise wegen Spionage verantworten. Die Staatsanwaltschaft prüft nach eigenen Angaben entsprechende Vorwürfe. Neben Spionage gehe es auch um den Verdacht weiterer Straftaten, teilte die Behörde am Wochenende in Kairo mit.

Übergangsregierungschef Hasem al-Beblawi will derweil in wenigen Tagen sein neues Kabinett vorstellen. Die Proteste der Islamisten dauern an.

Nach Angaben staatlicher Medien will der Premier bis Mitte der Woche mit mehreren Kandidaten für Ministerposten Gespräche führen. Insgesamt solle die neue Regierung bis zu 30 Mitglieder haben. Auch einige Minister der alten Führung sollten weiter vertreten sein, berichtete die Tageszeitung Al-Ahram. Muslimbrüder seien von Aufgaben im Kabinett ebenfalls nicht ausgeschlossen. Allerdings lehnt die Muslimbruderschaft – aus der Mursi stammt – nach wie vor eine Zusammenarbeit mit den „Unterstützern des Militär-Putsches“ ab.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft werden derzeit Verdachtsmomente gegen Mursi geprüft wie „Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen zum Zwecke der Schädigung nationaler Interessen, Anstiftung zum Mord an friedlichen Demonstranten, Angriffe gegen Militäreinrichtungen und Schädigung der Volkswirtschaft“. Weiter wurden die Vorwürfe nicht erläutert. Mursi wird derzeit vom Militär ohne formelle Anklage festgehalten.

Proteste dauern an

Gegen seine Absetzung am 3. Juli demonstrierten auch am Samstag und Sonntag noch zahlreiche Anhänger Mursis im Protestcamp in der Kairoer Vorstadt Nasr City. Die befürchteten Ausschreitungen blieben zunächst aus. Die Anhänger Mursis wollen ihre Proteste fortführen, bis der entmachtete Präsident wieder im Amt ist.

Essam al-Arian, ein führendes Mitglied der Muslimbruderschaft, bekräftigte in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite, dass die Organisation die neuen Übergangsstrukturen – den Präsidenten Adli Mansur und Regierungschef al-Beblawi – nicht anerkenne.

Der deutsche Nahost-Experte Volker Perthes, der auch die Bundesregierung berät, sieht allerdings keine Bürgerkriegsgefahr. Sowohl die Muslimbrüder als auch die Armee seien viel zu stark im Volk verwurzelt, sagte der Vorsitzende der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Südwestrundfunk. „Die Ägypter sind irgendwie doch eine große Familie. Sie wissen, dass sie alle Ägypter sind, auch wenn sie unterschiedliche Vorstellungen haben, wie Ägypten regiert werden sollte“, führte er weiter aus. Es gebe in dem Land zwar eine Tradition von Straßengewalt, aber überhaupt keine von Bürgerkrieg.

Im Norden der Halbinsel Sinai ging das Militär laut lokalen Medienberichten unterdessen massiv gegen Milizen vor. Zuvor hatten Bewaffnete den Flughafen der Stadt Al-Arisch mit schultergestützten Panzerabwehrraketen angegriffen und in Rafah – an der Grenze zum Gazastreifen – einen Armeeposten attackiert. Beobachter halten es für möglich, dass das Militär in den nächsten Tagen mit größeren Offensiven auf dem Sinai vorgeht. Auf der Halbinsel tummeln sich islamistische Milizen, Schmuggler und bewaffnete Banden.

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