Nach Polizeikontrollen von Bremer Fans: Werder wehrt sich

Die am Samstag nach Wolfsburg gereisten Werder-Fans wurden dort überraschend von der Polizei kontrolliert. Fans wollen jetzt klagen – zurecht.

Werder Fans im Block mit Schals in grün-weiß gekleidet etc.

Haben es am Samstag bis ins Wolfsburger Stadion geschafft: Werder Fans zum Bundesligaauftakt Foto: Swen Pförtner/dpa

Die Werder-Fanorganisation Grün-Weiße Hilfe ist sicher: Die Kontrollen der Bremer Fans durch die Polizei am Wolfsburger Hauptbahnhof vor dem Bundesliga­spiel am vergangenen Samstag sind nicht vom niedersächsischen Polizeigesetz gedeckt. Deswegen wollen die Fans jetzt klagen, sagt Vorstand Wilko Zicht. Die Klagen sollen eine „Genugtuung“ für die Fans und „lehrreich“ für die Polizei sein. Diese beruft sich in ihrer Mitteilung zu der Aktion interessanterweise direkt im ersten Absatz auf das Polizeigesetz.

Dass die Fanszene vor Gericht ziehen will, ist nachvollziehbar und wichtig. Besonders, weil das Vorgehen der Polizei aus mehreren Gründen Fragen aufwirft. Da ist zum einen die Einstufung des Spiels Werder gegen Wolfsburg: Gefährdungsstufe Rot, findet die Polizei.

Vor allem aber stößt die scheinbar fehlende Transparenz über diese Einschätzung auf die schlechte Kommunikation: Die Polizei sagt, der VfL Wolfsburg sei darüber am 11. Juli informiert worden. Doch beide beteiligten Vereine schienen nichts gewusst zu haben; Verantwortliche von Werder und Wolfsburg sind ebenso empört wie die Fans. Und die Kontrollen selbst, schreibt die Polizei, seien erst „kurzfristig“ durchgeführt worden, nachdem man mitgeteilt bekommen habe, dass „Personen sogenannter Risikogruppen pyrotechnische Gegenstände mit sich führen“. Passt das zusammen?

Zum anderen ist der Umgang mit einer vermeintlichen Bewegungsfreiheit nicht schlüssig. Die Kontrollen sind laut Polizei „in einem stark differenzierenden und abgestuften Verfahren durchgeführt“ worden. Einige Fans hätten den Bahnhof ohne Kon­trolle, einige nach einer Kontrolle verlassen und ohne Begleitung ins Stadion gehen können. Laut Zicht gab es dagegen „kein nachvollziehbares Schema“, nach dem die Fans behandelt wurden.

Durchsuchungen bis auf die Haut

Und zu guter Letzt sorgt der Umgang mit dem Begriff „Zwang“ für Unwohlsein: In der Mitteilung der Polizei heißt es, es habe „zu keiner Zeit“ Zwang bestanden, „sich den Kontrollmaßnahmen zu unterziehen“. Zugegeben – am Bahnhof abhängen, weiter- oder zurückreisen war kein Problem. Letzteres haben 300 Werder-Fans auch gemacht. Über die Lautsprecher hörten die Gäste beim Ankommen jedoch unter anderem: „Sollten Sie den Anweisungen der Polizei nicht Folge leisten, können die Maßnahmen auch mit Zwang durchgesetzt werden.“

Wer weiterhin ins Stadion wollte, hatte also keine Wahl. Dafür lässt sich mensch doch sicher ganz freiwillig bis auf die Unterwäsche begutachten. Genau das sei passiert, haben Fans laut Zicht inzwischen über das Formular der Grün-Weißen Hilfe angegeben. Ebenso wie die „Aufnahmen der Personalien oder Diskriminierung“. Das alles wolle man sammeln und so in den nächsten Wochen Klä­ge­r:in­nen identifizieren, die „alle Facetten des Einsatzes“ abdecken, sagt Zicht. Das zuständige Verwaltungsgericht Braunschweig darf sich auf „ein Bündel von Klagen“ freuen.

Die Entscheidung, die Zicht erst in zwei oder drei Jahren erwartet, ist nicht nur für die Fans wichtig, sondern auch für den Rest der Gesellschaft. Denn in vielen Ländern, so auch in Niedersachsen, tragen die Kosten für einen solchen Polizeieinsatz nach wie vor die Steuerzahlenden.

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Seit 2024 freie Journalistin. Von 2019 bis 2023 erst Volontärin, dann Redakteurin und Chefin vom Dienst bei der taz Nord in Bremen. Hat mal Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Komplexes Entscheiden an der Uni Bremen studiert. Schreibt gern über Verkehrs- und Klimapolitik, Sport, Justiz, Parlamentsgeschehen und Soziales.

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