Nach „Oxi“ und Varoufakis‘ Ankündigung: Keine Panik an der Börse
Das griechische Nein zu den Sparvorgaben setzt die Finanzmärkte unter Druck, ist aber kein Schock. Die Euroländer planen ein Sondertreffen.
Der Dax sackte in den ersten Handelsminuten am Montag um 1,64 Prozent auf 10 877,47 Punkte ab. Vorbörslich war er zeitweise noch mehr als 3 Prozent unter dem Freitagsschluss taxiert worden. In der Vorwoche hatte der deutsche Leitindex bereits 3,78 Prozent an Wert eingebüßt.
Das griechische „Oxi“ brachte auch wichtige Auslandsbörsen nur wenig in die Bredouille: Der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 fiel zuletzt um 2,04 Prozent. In Japan schloss der Nikkei-Index mehr als 2 Prozent tiefer. Auch der Kurs des Euro gab nach, grenzte die Abschläge nach dem Varoufakis-Rücktritt aber ein. Zuletzt stand die Gemeinschaftswährung bei 1,1056 US-Dollar und damit nur rund einen halben Cent niedriger als am Freitag.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) will sich noch am Montagvormittag in einer Telefonschalte mit der Lage in Griechenland nach der dortigen Volksabstimmung befassen. Das verlautete aus Notenbankkreisen. Die meisten Beobachter rechnen damit, dass die EZB die Notkredite für Griechenlands Banken aufrechterhalten wird, solange auf politischer Ebene weiter verhandelt wird. Für diesen Dienstag ist ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 19 Euroländer in Brüssel angesetzt.
Bedauern und Solidarität
Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, hat auf das deutliche Nein der Griechen im Referendum besorgt reagiert. „Dieses Ergebnis ist sehr bedauerlich für die Zukunft Griechenlands“, erklärte der niederländische Finanzminister am Sonntagabend. Für eine Erholung der griechischen Wirtschaft seien „schwierige Maßnahmen und Reformen unvermeidbar“. „Wir werden jetzt die Initiativen der griechischen Behörden abwarten“, fügte Dijsselbloem hinzu.
In Deutschland forderte die Linke nach dem griechischen Nein umgehend neue Verhandlungen in Athen. Fraktionschef Gregor Gysi forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Handeln auf. „Frau Merkel muss unverzüglich die Gespräche mit Griechenland wieder aufnehmen und eine Lösung finden“, sagte Gysi der Zeitschrift Super Illu.
In Italien rief der Staatspräsident zu Verantwortungsbewusstsein und Solidarität auf. „Die griechischen Bürger haben mit dem Referendum eine Entscheidung gefasst, die respektiert werden muss“, erklärte Sergio Mattarella am späten Sonntagabend. Dies bedeute für die EU bisher „unbekannte Szenarien“. „Griechenland ist Teil Europas und gegenüber seinem Volk darf nicht die Solidarität der anderen Mitglieder der Union wegfallen.“
Frankreichs Finanzminister Michel Sapin hat der EZB nahegelegt, ihre Nothilfen für griechische Banken nicht zu kappen. „Derzeit gibt es ein Niveau an Liquidität, das nicht verringert werden kann“, sagte der Minister am Montag dem Rundfunksender Europe 1. Allerdings entscheide die Europäische Zentralbank in völliger Unabhängigkeit, fügte er hinzu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“